Ironman Hawaii – ein Mythos lebt

Am Wochenende wird um und auf Hawaii wieder geschwommen, gelaufen und geradelt - beim bekanntesten und spektakulärsten Ironman. Ein paar Fakten zum Wettbewerb ...
Am Wochenende wird um und auf Hawaii wieder geschwommen, gelaufen und geradelt - beim bekanntesten und spektakulärsten Ironman. Ein paar Fakten zum Wettbewerb ... Foto: DPA

Kailua-Kona -Das hawaiianische Touristenstädtchen Kailua-Kona wirkt 358 Tage im Jahr wie einer dieser typischen Touristenorte am Ozean. Draußen vor der Küste ankern riesige Kreuzfahrtschiffe, die Urlauber zu einem Tagesausflug auf der Hauptinsel von Hawaii in Kona ausspucken. 358 Tage lang geht es fast schon beschaulich zu. Und dann bricht mit der Rennwoche des Ironman Hawaii der Wahnsinn über den Ort herein.

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Am Wochenende wird um und auf Hawaii wieder geschwommen, gelaufen und geradelt – beim bekanntesten und spektakulärsten Ironman. Ein paar Fakten zum Wettbewerb ...

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Prost! Der Amerikaner John Dunbar lag beim Wettbewerb 1978 in Führung – bis seiner Versorgungscrew das Wasser ausging und sie ihm Bier reichten. Mit jedem Schluck Alkohol mehr wurde Dunbar langsamer. Der bis dahin Zweite konnte ihn überholen. Der angeschwipste Dunbar landete mit mehr als 30 Minuten Rückstand aber noch auf dem zweiten Platz.

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Statt Bier gar nichts zu trinken, ist aber auch keine Lösung: Vier Jahre später, 1982, kollabierte die in Führung liegende Amerikanierin Julie Moss wegen Flüssigkeitsmangels ganz kurz vor der Ziellinie. Landsfrau Kathleen McCartney konnte sie überholen und siegte. Auf allem Vieren schleppte sich Moss als Zweite ins Ziel.

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2003 feierte erstmals ein Ehepaar einen Doppelsieg beim Ironman auf Hawaii: Bei den Männern lief der Kanadier Peter Reid zuerst über die Ziellinie, bei den Damen seine Ehefrau Lori Bowden.

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1997 siegte erstmals ein Deutscher beim Ironman auf Hawaii. Nach zwei zweiten Plätzen 1995 und 1996 gewann Thomas Hellriegel.

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Im Jahr 2006 wurde der Ironman beinahe abgesagt. Einige Tage zuvor hatten Erdbeben die Insel erschüttert.

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Mit einer Bayern-Fahne lief 2005 der Münchener Faris Al-Sultan als Erster ins Ziel.

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Am erfolgreichsten sind beim Ironman auf Hawaii bislang die US-Amerikaner. Mit jeweils sechs Siegen führen die Triathleten Dave Scott und Mark Allen die Bestenliste an. Bei den Frauen lief Paula Newby-Fraser aus Simbabwe bereits achtmal als Erste über die Ziellinie.

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Wenn in der Rennwoche am frühen Morgen die Sonne über dem Pier von Kona aufgeht, wirkt dieser Platz mit einem Mal magisch. Der berühmte Pier, an dem seit rund drei Jahrzehnten jedes Jahr im Oktober der Ironman startet, ist eigentlich völlig unscheinbar. Hier legen Ausflugsschiffe an, je nachdem, wie stark der Wind ist, schlagen schon einmal ein paar Wellen über die Kaimauer. Das war’s.

Wenn die Triathleten kommen, wird diese Stadt in den Ausnahmezustand versetzt. 1800 Athleten starten am Samstag bei der Ironman-Weltmeisterschaft, aber das Gewusel der bunten T-Shirts und Badehosen ist bereits in den Tagen vor dem großen Rennen so gewaltig, dass es wirkt, als seien es viel mehr Sportler, die sich in der Stadt tummeln.

Der Ironman Hawaii ist mehr als nur ein Sportrennen, das sich auf drei Disziplinen aufteilt. Er ist viel mehr als „nur“ 3,86 Kilometer Schwimmen im Pazifik, 180,2 Kilometer Radfahren in der Lavawüste und 42,195 Kilometer Laufen durch die Hitze. Er ist eine der ultimativen Herausforderungen im internationalen Sport, eine Mischung aus Lebensstil und Grenzerfahrung. Der Ironman Hawaii ist nicht nur die mächtigste Instanz im Triathlon, er ist zugleich das härteste Eintagesrennen der Sportwelt. Jedes Jahr schreibt er Geschichten des grenzenlosen Leids und des nicht enden wollenden Glücks. Er ist alles zugleich: unbekanntes Abenteuer und Erfüllung.

Wer ist der härtere Typ?

Wenn Männer zusammensitzen und sich darüber austauschen, wer von ihnen der härtere Typ ist, dann muss dabei eben nicht immer etwas Vernünftiges herauskommen. Der Legende nach hat der Ironman Hawaii auf diese Weise seinen Ursprung gefunden; weil sich ein paar sportbegeisterte Kerle heftig gestritten haben, welches ihrer Lieblingsrennen auf Hawaii das härteste ist.

So schön die Geschichte ist, letztlich ist es der US-Soldat John Collins, der dem Rennen in den 1970er-Jahren auf die Sprünge verhilft. Der Navy Commander schlägt vor, dass man die damals als „ultimative Herausforderung“ geltenden Wettbewerbe des 3,86 Kilometer langen Waikiki-Schwimmens, des Rund-um-Oahu-Radrennens und des Honolulu-Marathons zusammenfasst. Der Vorschlag findet in der Männerrunde Zustimmung, auch wenn allein das 180 Kilometer lange Radrennen um die Insel Oahu zwei Tage dauert, legen sie alles zusammen: auf einen Tag.

Wer als Erster diese drei Distanzen hinter sich bringt, gilt als eisern, als Ironman. 1978 wird das Rennen erstmals ausgetragen, als Farbtupfer im Sportkalender. In den USA interessieren sich die Menschen sonst nur für Baseball, Basketball und Football.

Nur zwölf bei der Premiere im Ziel

Dass der junge Taxifahrer Gordon Haller am 18. Februar 1978 als erster der 15 Starter die Ziellinie erreicht, bekommt kaum jemand mit. Er benötigt 11:46:58 Stunden für die Tortur, erst im Marathon kann der Klasseläufer seine Routine ausspielen. Es ist ein hartes Rennen, bei dem nur zwölf Athleten ins Ziel kommen. Hallers ärgster Konkurrent, der topfitte US-Sportler John Dunbar, führt lange, bricht am Ende aber kolossal ein, da ihm die Getränke ausgehen. Dunbars Begleiter reicht ihm beim abschließenden Marathonlauf zwei Bierdosen, die eigentlich für die Siegesfeier am Strand gedacht sind – es ist die Notreserve. Torkelnd erreicht Dunbar als Zweiter das Ziel.

Seither schreibt der Ironman Jahr für Jahr bezaubernde und abschreckende Geschichte, von jubelnden Siegern und geschlagenen Platzierten, die sogar ins Ziel krabbeln, weil zwar der Kopf immer weiter will, der Körper aber zu schwach ist. Fast 2000 austrainierte Athleten gehen bei der Ironman-Weltmeisterschaft an den Start, sie haben sich bei einem von weltweit mehr als 30 Rennen über diese Strecke für Hawaii qualifiziert. Es wären noch viel mehr Starter, wenn nicht bereits die Qualifikationswettbewerbe so hart wären. Bis heute haben auf dem Alii Drive viermal deutsche Athleten jubeln dürfen, 1997 Thomas Hellriegel, 2004 und 2006 Normann Stadler und 2005 Faris Al-Sultan.

In den Tagen vor dem Rennen ist es noch dunkel, als die ersten Athleten kurz vor sechs Uhr morgens über den Alii Drive zum Pier von Kona schlendern, um zum Schwimmtraining zu gehen. Menschen, die am 13. Oktober beim Ironman Hawaii an den Start gehen, um den Mythos zu erleben. Für dieses Ziel haben sie trainiert, Monate, Jahre, Jahrzehnte. Und sie werden sich ein Leben lang an diesen Tag erinnern.

Von unserem Redakteur Volker Boch