Mayen

In Mayen ist der Mime gern Pate und Klassenkamerad

Lebemann, Schattenmann, jetzt Patriarch: Im Gegensatz zu den dominanten Rollen im Film liebt es der „wahre“ Mario Adorf bodenständig.

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MayenLebemann, Schattenmann, jetzt Patriarch: Im Gegensatz zu den dominanten Rollen im Film liebt es der „wahre“ Mario Adorf bodenständig.

Er pflegt intensiv seine Wurzeln in der Eifel. Mehrmals im Jahr sucht er die Stätten seiner Jugend auf, fühlt sich am wohlsten, wenn er die alten Jugendfreunde um sich geschart hat. „Er kommt ungern allein zu Terminen, ruft seine Schulkameraden an und lädt sie gleich mit ein“, sagt sein früherer Klassenkamerad Günter Maurer.

Mario Adorf steht ausnahmsweise eher unwillig im Rampenlicht, zieht den gemeinsamen „Schulterschluss“ mit den Klassenkameraden einem einsamen Defilee vor. Die Schulfreunde geben ihm auch Rückendeckung, als der uneheliche Knabe im unruhigen Mayen der 30er-Jahre aufwächst. „Sie sind immer außerordentlich freundlich zu mir gewesen“, sagt Adorf rückblickend. „Wir hatten gleiche Ideen, haben in der Freizeit im Fanfarenkorps zusammen geblasen“, erinnert sich Günter Maurer. Eine tiefe Freundschaft entwickelt sich unter den Gymnasiasten.

Adorf, in ärmlichen Verhältnissen groß geworden, boxt sich durch. Für den Sportverein Rheinland schnürt er die Boxhandschuhe und behauptet sich mit Sprachwitz, falls er mal mit blauem Auge gezeichnet in den Unterricht kommt. Seine inzwischen verstorbene Schulfreundin Helene Jansen schwärmte von der Statur des Mimen, der als 15-Jähriger bei den Mädchen mächtigen Eindruck schindet. „Mario war nicht so dünn wie die anderen Jungen.“ Seine Erlebnisse in jenen Jahren verarbeitet er später in Büchern. In ihnen bildet die Rückbesinnung zur eigenen Scholle ein beherrschendes Element. An den Namen des typischen Eifeler Gerichtes „Himmel un Äd“ ist der Titel eines seiner Bestseller angelehnt.

Trotz unterschiedlicher Studienorte hält die Freundschaft der Mayener Abiturientia 1950. In den Semesterferien brechen Adorf & Co. zu mancher Wanderung und manchem Segeltörn auf. Selbst als Mario Adorf Ende der 50er-Jahre den Lebensmittelpunkt nach Rom verlagert, bleibt Mayen für ihn ein wichtiges Refugium. Auch dank einer besonderen Beziehung zu seiner früheren Lehrerin Lise-Lotte Holbeck, die er liebevoll „Püppchen“ nennt. Wenn er es einrichten kann, kommt er jedes Jahr zu deren Geburtstag in die Eifel. Im Jahr 2006 stirbt Oberstudienrätin Holbeck 100-jährig. „Er war ein sehr guter Schüler und vor allem sehr kameradschaftlich eingestellt“, hat sie immer betont.

Der große Mime scheut sich zu keiner Zeit, in der Heimat aufzutreten, wenn er gerufen wird. So bereichert er Jubiläen, intoniert manche Fußballhymne mit Uraltkickern und repräsentiert bereitwillig die Stadt nach außen. „Es ist schön, dass er uns immer wieder in der Öffentlichkeit erwähnt“, sagt Uwe Hoffmann. Der Fachbereichsleiter Kultur der Stadtverwaltung begleitet den „Star ohne Allüren“ rund um die Uhr, wenn er auf Stippvisite kommt.

Ob es Adorf eines Tages ganz nach Mayen zieht? Der Wahl-Münchner winkt ab. „Wenn ich in Mayen wohnen würde, wäre ich wahrscheinlich nichts Besonderes mehr“, erklärt er augenzwinkernd. Dennoch: Mayen bedankt sich im Jahr 2001 mit der Ehrenbürgerwürde. Und 2005 scheint die Verbindung zu seiner Parallelwelt auf: Adorf ist seither Pate der Mayener Burgfestspiele. Ins Bild passt, dass er heuer den Gottvater auf Mayens Burgbühne gegeben hat, wenn auch lediglich aus dem Off. Aber: In der Eifelstadt bleibt Mario Adorf omnipräsent.

Thomas Brost