Rom

Gläubige feiern den Tag der vier Päpste

Rund eine halbe Million Menschen haben die große Messe auf dem Petersplatz in Rom verfolgt, in der die beiden früheren Päpste Johannes Paul II. und Johannes XXIII. heiliggesprochen wurden.
Rund eine halbe Million Menschen haben die große Messe auf dem Petersplatz in Rom verfolgt, in der die beiden früheren Päpste Johannes Paul II. und Johannes XXIII. heiliggesprochen wurden. Foto: dpa

Die ganze Nacht über haben Korbinian Nagele und seine Freunde vor dem Petersplatz gewartet. „Eigentlich haben wir gar nicht geschlafen. Wir sind dem Platz immer etappenweise näher gekommen, haben uns immer mal wieder kurz hingesetzt, aber das war's dann auch schon“, erzählt der 19-Jährige aus dem Chiemgau. Er ist im Bus zu der Heiligsprechung der Päpste Johannes Paul II. und Johannes XXIII. nach Rom gereist. Am frühen Morgen haben die jungen Leute einen Platz in Sichtweite des Petersdoms ergattert.

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Von Miriam Schmidt und Hanns-Jochen Kaffsack (dpa)

Laut Vatikan verfolgten am Sonntag rund 500.000 Menschen die Messe. In Rom waren etwa 800.000 Pilger unterwegs, an vielen Plätzen waren große Leinwände aufgebaut worden. 90 Delegationen von Regierungen und internationalen Organisationen kamen für den feierlichen Akt, darunter allein 24 Staatsoberhäupter. Darüber hinaus waren auch etwa 150 Kardinäle, rund 1000 Bischöfe aus aller Welt sowie 6000 Priester dabei. Franziskus begrüßte sie nach dem Ende der Messe, bevor er im Wagen über den Petersplatz fuhr und den Gläubigen zuwinkte.

Es ist der Tag der vier Päpste. „Zwei Päpste werden heiliggesprochen, und zwei Päpste sind dabei. Das wird so in dieser Form nie wieder passieren“, meint die 55-jährige Irin Josie McManus. Franziskus hat auch den emeritierten Benedikt eingeladen und umarmt ihn. Und er hat als „oberster Brückenbauer“ seine Autorität dafür genutzt, dass weltweit zwei so verschiedene Kirchenführer wie der Pole Wojtyla und der Italiener Roncalli verehrt werden dürfen.

Viele polnische Fahnen

„Sie waren zwei mutige Männer, erfüllt vom Freimut des Heiligen Geistes, und haben der Kirche und der Welt Zeugnis gegeben von der Güte Gottes und von seiner Barmherzigkeit“, würdigt Franziskus die beiden neuen Heiligen. „Sie waren Priester, Bischöfe und Päpste des 20. Jahrhunderts. Dessen Tragödien haben sie erfahren, sind davon aber nicht überwältigt worden“, fügt er an. Gerade Heilige brächten die Kirche voran.

Hunderttausende haben die Nacht mit Isomatten und Schlafsäcken im Freien verbracht, um am kommenden Morgen ganz nah mit dabei zu sein. Doch trotz aller Strapazen und des leichten Nieselregens sind alle fröhlich. Vor allem polnische Fahnen leuchten bei der Heiligsprechung des polnischen Papstes Johannes Paul II. überall auf. „Wir sind müde, aber vor allem dankbar, dabei sein zu können“, sagt die 28 Jahre alte Ania, die mit Freunden im Bus angereist ist. „Er war unser Idol, er hat uns so viel Kraft gegeben, er war eine ganz besondere Person“, sagt sie.

Für das Megaereignis sind die Menschen aus aller Welt nach Rom gekommen. „Wir haben zwölf Stunden gewartet, das war sehr anstrengend, wir sind wirklich müde“, sagt die 37-jährige Danelia Cardana aus Kolumbien, die für einen Tag in Rom mehr als 20 Stunden im Flugzeug verbracht hat. „Aber ich denke, das ist es wert. Wir werden hier Zeugen eines historischen Ereignisses.“

Papstkult?

Hat der Argentinier auf dem Stuhl Petri mit diesem Ereignis der Superlative einen Papstkult gefördert, wie manche Kritiker meinen? In jedem Fall führte Jorge Mario Bergoglio zwei Seiten seiner Kirche zusammen, indem er diese beiden „Mitarbeiter des Heiligen Geistes“ jetzt einer weltweiten Verehrung preisgibt – da ist zum einen jener „Konzilspapst“ und Reformer aus Norditalien, zum anderen der populäre Pole, der streng konservativ war und nicht unumstritten ist. Der amtierende Papst hat ein Signal der Einheit seiner Kirche ausgesandt und nebenbei demonstriert, dass der Vatikan sich zu feiern versteht. „Eine fabelhafte Verbindung“, so hat der Erzbischof von Perugia in Umbrien, Gualtiero Bassetti, den Brückenschlag des Pontifex gelobt. Der eine, Karol Wojtyla, bis ins schwerste Leiden mit seinem Gott im tiefen Gespräch, der andere, Angelo Giuseppe Roncalli, ein Reformer, der seine Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf Vordermann zu bringen versucht. Gerade auch ihm steht Franziskus nahe. Wovon sich bei der festlichen Messe alle überzeugen konnten.