Berlin

Gesundheit: Was auf die Bürger zukommt

Nach langem Hickhack hat das Bundeskabinett die umstrittene Gesundheitsreform von Union und FDP verabschiedet. Das heißt vor allem: Gesundheit wird teurer. Mit höheren Beiträgen für Versicherte und Arbeitgeber sollen die gesetzlichen Krankenkassen stabilisiert werden.
Nach langem Hickhack hat das Bundeskabinett die umstrittene Gesundheitsreform von Union und FDP verabschiedet. Das heißt vor allem: Gesundheit wird teurer. Mit höheren Beiträgen für Versicherte und Arbeitgeber sollen die gesetzlichen Krankenkassen stabilisiert werden. Foto: dpa

Für Kritiker ist die Reform das Ende der Solidargemeinschaft, für Minister Rösler der Einstieg in ein stabileres Gesundheitssystem. Fest steht: Für Millionen Kassenmitglieder wird es teurer. Höhere Beiträge und ein soziales Ausgleichssystem für Bezieher niedriger Einkommen – die 70 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen müssen sich im kommenden Jahr auf grundlegende Neuerungen einstellen, die das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet hat.

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Von unserem Berliner Korrespondenten Stefan Vetter

Berlin – Für Kritiker ist die Reform das Ende der Solidargemeinschaft, für Minister Rösler der Einstieg in ein stabileres Gesundheitssystem. Fest steht: Für Millionen Kassenmitglieder wird es teurer.

Höhere Beiträge und ein soziales Ausgleichssystem für Bezieher niedriger Einkommen – die 70 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen müssen sich im kommenden Jahr auf grundlegende Neuerungen einstellen, die das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet hat. Die wichtigsten Antworten zum Thema:

Wie entwickelt sich der Beitrag?

Zum 1. Januar steigt der Beitrag von 14,9 auf 15,5 Prozent des Bruttolohns. 8,2 Prozentpunkte trägt der Arbeitnehmer, 7,3 Prozentpunkte der Arbeitgeber. Eine Verkäuferin mit einem Monatsbrutto von 1500 Euro zahlt demnach einen Kassenbeitrag von 123 Euro, 4,50 mehr als jetzt. Für einen Facharbeiter mit monatlich 3750 Euro verteuert sich der Beitrag um 11,25 Euro auf 307,50 Euro.

Was wird mit dem Zusatzbeitrag?

Alle bisherigen Grenzen fallen weg. So kann eine Kasse, die nicht mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds auskommt, von den Versicherten verlangen, was sie will. Übersteigt der Zusatzbeitrag jedoch zwei Prozent des Monatsbruttos, wird für den Versicherten ein Ausgleich fällig.

Wie funktioniert der Sozialausgleich?

Das Bundesversicherungsamt legt jedes Jahr einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Finanzierung der steigenden Gesundheitskosten fest. Nur dieser Betrag wird auch sozial ausgeglichen. Verlangt eine Kasse mehr, kann der Versicherte zu einer anderen wechseln. Beispiel: Der durchschnittliche Extra-Obolus beträgt 25 Euro. Der Versicherte verdient 1000 Euro. Wegen der Zwei-Prozent-Grenze bekommt er einen Zuschuss von fünf Euro gemeinsam mit dem Lohn ausgezahlt. Der Arbeitgeber soll diesen Betrag in einem automatisierten Verfahren vom allgemeinen Kassenbeitrag (8,3 Prozentpunkte) des Versicherten abziehen. Die entsprechende Differenz im Gesundheitsfonds wird dann über Steuermittel ausgeglichen. Den Einzug ihres Zusatzbeitrages wickelt die Kasse direkt mit dem Versicherten ab.

Was gilt für Rentner und Bedürftige?

Für den Sozialausgleich bei Rentnern ist die gesetzliche Rentenversicherung zuständig. Dabei berücksichtigt sie auch zusätzlich gezahlte Betriebsrenten. Hartz-IV-Empfänger bleiben vom Zusatzbeitrag verschont. Das gilt ebenfalls für Sozialhilfeempfänger, also nicht arbeitsfähige Bezieher von Arbeitslosengeld II. Empfänger von Arbeitslosengeld I müssen den Zusatzbeitrag dagegen ebenso wie Rentner und Selbstständige selbst tragen.

Wie hoch wird der Zusatzbeitrag?

Verlässlich kann das niemand sagen. Durch die allgemeine Beitragserhöhung wird er zumindest im kommenden Jahr kaum eine Rolle spielen. Kassen, die jetzt schon einen Zusatzbeitrag verlangen, dürften ihn trotzdem weiter erheben. Für die Folgejahre gibt es nur Schätzungen. 2012 wird ein Durchschnittsbeitrag von acht Euro erwartet, der sich bis 2016 verdoppeln könnte.

Was passiert bei Zahlungsverweigerung?

Hat ein Versicherter den Zusatzbeitrag mindestens sechs Monate lang nicht gezahlt, greift ein „Verspätungszuschlag“ in Höhe der letzten drei fälligen Zusatzbeiträge. Der Zuschlag muss mindestens 30 Euro betragen. Bis zur Zahlung der ausstehenden Zusatzbeiträge plus Verspätungszuschlag besteht kein Anspruch auf Sozialausgleich. Möglich sind Ratenzahlungen.

Was ändert sich bei den Privatkassen?

Gutverdiener können künftig leichter zu den Privaten wechseln. Bislang mussten sie mit ihrem Verdienst drei Jahre lang über der maßgeblichen Versicherungspflichtgrenze von derzeit 4162,50 Euro im Monat liegen. Ab 2011 reicht dafür nur noch ein Jahr.

Wo wird gespart?

Für Krankenhäuser, Ärzte und Krankenkassen wird der Kostenanstieg begrenzt. Zum Beispiel sollen Verträge zwischen Hausärzten und Kassen nicht mehr gesondert vergütet werden. Einsparungen bei Medikamenten werden in einem Extra-Gesetz geregelt.