Gauck umweht ein Hauch von Bonner Republik

...nichts weniger als ein Demokratiewunder.“
...nichts weniger als ein Demokratiewunder.“ Foto: Thao Vu Minh

Wenn der Hubschrauber am Himmel kreist, ist er da, heißt es. Und schon biegt die gepanzerte schwarze Staatskarosse mit dem Kennzeichen 0 – 1 um die Ecke und rollt im Mainzer Regierungsviertel vor.

Lesezeit: 6 Minuten
Anzeige

Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) steigt als Erster aus und geleitet den hohen Besuch zur Staatskanzlei, wo er von deren Chef, Staatssekretär Martin Stadelmeier, und der stellvertretenden Ministerpräsidentin Eveline Lemke empfangen wird. Nach dem Eintrag ins Goldene Buch und der Begrüßung der einzelnen Minister geht's ein paar Schritte über den gepflasterten Hof zum Landtag.

Ein neues Goldenes Buch musste Oberwesels Stadtbürgermeister Jürgen Port anfangen. Der erste Eintrag stammt nun vom Staatsoberhaupt Deutschlands.

Thomas Torkler

Autonummer 0 – 1

Thomas Torkler

Staatskanzlei-Chef Martin Stadelmeier (rechts) hieß die Delegation in Mainz willkommen

Thomas Torkler

Dann schüttelten die Minister die Hand des Bundespräsidenten

Thomas Torkler

Kurt Beck stellt dem Bundespräsidenten sein Kabnett vor

Thomas Torkler

Der Eintrag ins Goldene Buch darf auch hier nicht fehlen

Thomas Torkler

Die Mitarbeiter der Staatskanzlei sind Zuschauer

Thomas Torkler

Joachim Mertes empfängt Joachim Gauck mit offenen Armen

Thomas Torkler

Schnappschuss vor dem Landtag

Thomas Torkler

Temperamentvoll begrüßt der Landtagspräsident den Bundespräsidenten

Thomas Torkler

Gauck tritt auch ans Rednerpult

Thomas Torkler

Schüler des Mainzer Schlossgymnasiums dürfen mit ins Parlament

Thomas Torkler

In Ingelheim empfäangt die rheinhessische Weinkönigin Helgard Frey die hohen Gäste

Thomas Torkler

Ein Lächeln fürs Familienalbum im wunderbar renovierten Weingut Wasem in der Rotweinstadt

Thomas Torkler

Albtraum für die Sicherheitsbeamten: das Bad in der Menge

Thomas Torkler

Joachim Gauck schüttelt viel Hände in Oberwesel

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Jürgen Port macht einen tiefen Diener

Thomas Torkler

Vor Weinhex Tina muss sich der Bundespräsident nicht fürchten

Thomas Torkler

Das neue Goldene Buch von Oberwesel liegt bereit

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Thomas Torkler

Die Zuschauer gucken zu als der Bundespräsident an Bord der „Mainz“ geht

Thomas Torkler

Mittelrhein-Weinkönigin Ramona (links) und Loreley Julia rahmen das Staatsoberhaupt ein

Thomas Torkler

Willi Pusch wird's gefreut haben: Als das Schiff des Bundespräsidenten ableget, donnert ein Güterzug vorbei – wie bestellt von den Bahnlärm-Gegnern

Thomas Torkler

Die Zuschauer winken inOberwesel

Thomas Torkler

Die Mainz passiert den Loreley-Felsen

Thomas Torkler

Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt absolvieren ein strammes Programm – Rheinland-Pfalz an einem Tag. Und es ist ein bisschen so wie in den besten Zeiten der Bonner Republik, als das Rheintal jede Menge Staatsgäste begrüßen konnte. Das Hambacher Schloss am Morgen war Gaucks erste Station, und das ist sowohl zeitlich als auch von seiner Bedeutung her zu verstehen.

Gauck lobt dort, an historischer Stelle, die Werte von Demokratie und Freiheit. Er habe „dem Geist der Freiheit hier gehuldigt“, sagt er. Das Schloss Hambach bei Neustadt an der Weinstraße gilt schließlich mit dem „Hambacher Fest“ von 1832 als die Wiege der Demokratie in Deutschland. Gauck unterhält sich dort auch mit 20 Jugendlichen des Jugendforums Rheinland-Pfalz. Wer nicht dabei ist, kann im Internet seine Meinung sagen und Vorschläge machen, die die Landesregierung auch prüfen will.

Hauch von Geschichte

Den Bundespräsidenten hat es besonders gefreut, an einem Ort empfangen worden zu sein, „der für unsere Demokratiegeschichte von enormer Bedeutung ist“. Landtagspräsident Joachim Mertes spinnt den Faden weiter, als er den Bundespräsidenten zunächst mit offenen Armen vor dem Landtag und anschließend mit gewohnt markigen Worten im Plenarsaal willkommen heißt. „Hier sind Sie an der Wiege der Demokratie, Herr Bundespräsident“, sagt Mertes und weist auf die schwarz-rot-goldene Fahne hinter sich.

Joachim Gauck bedankt sich artig und bemerkt: „Ich fühle mich gleich zu Hause nach dieser temperamentvollen Begrüßung. Im Südwesten Deutschlands hat es die frühesten Versuche gegeben, aus der Aufklärung etwas zu machen. Sie haben allen Grund, stolz zu sein auf das, was Sie in diesem Land geschaffen haben. Und das gilt nicht nur für die wirtschaftliche Prosperität, sondern vor allem auch für die Bürger, die sich in vielerlei Hinsicht einbringen.“

Das ist sein Thema, die Demokratie, die Freiheit, der Staat und seine Bürger. „Der Staat, das sind nicht nur unsere Institutionen. Ich sehe in der etablierten Bürgergesellschaft ein Demokratiewunder“, sagt Gauck. Und den Landtagsabgeordneten, ebenso wie Schülern des Mainzer Schlossgymnasiums, die dem Bundespräsidenten im Plenarsaal zuhören, gibt das Staatsoberhaupt mit auf den Weg: „Wir sind hier nur auf Zeit. Politik ohne Machtausübung ist schlechte Politik. Aber wir werden die Macht wieder abgeben, wenn der Bürger es nicht mehr will.“

An die Schüler gerichtet sagt Gauck: „Sie kennen es nicht anders, als in einer Demokratie aufzuwachsen. In den neuen Bundesländern, da, wo ich auch herkomme, müssen die Menschen erst mühsam erlernen, was es heißt, ein Bürger zu sein: Ich kann wählen, ich kann ein Unternehmen gründen, ich bin frei.“ Diese Bürgergesellschaft sei von unten her gewachsen. Jungen Leuten müsse man sagen: „Klar könnt ihr eine Zuschauergesellschaft haben, wenn ihr wollt, aber ihr könnt euch auch einbringen.“

Gerade in den neuen Bundesländern sei es häufig „mühsam, diese Struktur der Bürgergesellschaft von unten her wachsen zu lassen“. Daher müsse Chancengleichheit eine Verpflichtung aller Demokratien sein. In dem Zusammenhang lobt der Bundespräsident die von Ministerpräsident Kurt Beck umrissenen Ziele der Landeregierung, bei der Beck in Bezug auf die Bildung die gebührenfreien Kindergärten, Unterstützung von Schulen und schließlich den Verzicht auf Studiengebühren angeführt hatte.

Demokratie als Privileg

Das Privileg, dauerhaft in einer gewählten Demokratie zu leben, werde aber nicht nur von den Politikern aufrechterhalten, sondern vor allem von einer freien Bürgerbeteiligung freier Menschen. „Hier treffe ich die Bürger, das ist meine schönste Freude bei dieser Rundreise durch Rheinland-Pfalz. Ich fühle mich beschenkt“, sagt Gauck. Ob er bei seiner Rundreise denn auch etwas von den Problemen der Menschen mitbekommt, wird Gauck bei seiner nächsten Station, im Weingut Wasem in Ingelheim, gefragt. Viele Menschen klagten über die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse, antwortet der Bundespräsident und spannt sogleich den Bogen zu Europa: „Wenn man wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss man etwas wagen. Wir müssen noch ein wenig länger Geduld haben mit den Spannungen auf dem Währungssektor und dürfen nicht so tun, als wäre der Gedanke Europa schon gestorben. Wir müssen stattdessen Kraft beziehen aus dem, was wir geleistet haben“, sagte Gauck.

Ein wenig länger Geduld haben, das Thema ist durch für die Bürgerinitiative gegen Bahnlärm im Rheintal. Mit großen Transparenten „Bahnlärm macht krank“ wird der Bundespräsident in Oberwesel empfangen.

Kein Rheinbesuch ohne Bahnlärm

Neben dem Bad in der Menge, die Joachim Gauck und Daniela Schadt mit großem Jubel empfängt, nimmt sich der Bundespräsident Zeit und spricht mit dem BI-Vorsitzenden Willi Pusch. Der überreicht ihm eine Resolution, in der die Bürgerinitiative Sofortmaßnahmen fordert: Tempolimit von 50 km/h, Nachtfahrverbot für Güterzüge mit alten Waggons und die Ausrüstung der Züge mit modernen, leiseren Bremsen, lauten die Forderungen in der Resolution.

„Das Wichtigste ist natürlich der Einstieg in eine Neubaustrecke“, fordert Willi Pusch. Der Bundespräsident verspricht, die Resolution an Bundesverkehrsminister Ramsauer und Kanzlerin Merkel weiterzuleiten, bevor er an Bord der „Mainz“ geht und, begleitet von der amtierenden „Loreley“ Julia Hißnauer und der Mittelrhein-Weinkönigin Ramona Kappus, am berühmten Loreley-Felsen vorbei in Richtung Boppard schippert. Dort wartet die nächste Station seines Besuchs, der größte Arbeitgeber im Rhein-Hunsrück-Kreis: Bomag, Weltmarktführer auf dem Sektor der Verdichtungstechnik. Von dort geht es zum Abschluss nach Rolandseck ins Arp Museum – und natürlich zu einem Empfang mit Bürgern.

Thomas Torkler