Brüssel/Berlin

Für den Klimaschutz? EU putzt Stromfresser weg

Im Kampf gegen den Staub schlägt Europa ein neues Kapitel auf. Ab 1. September verschwinden Geräte mit mehr als 1600 Watt Arbeitsleistung nach und nach vom Markt.

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Von unserem Brüsseler Korrespondenten Detlef Drewes

Das neue Energielabel für Staubsauger
Das neue Energielabel für Staubsauger
Foto: dpa/picture alliance

Die bei ihrer Bekanntgabe ebenso belächelte wie bis heute umstrittene Neuerung ist das jüngste Ergebnis der sogenannten EU-Ökodesign-Richtlinie. Mit ihr setzt die Brüsseler Kommission schrittweise Vorschriften um, die zur effizienteren Nutzung von Energie führen sollen. Erst waren die Glühbirnen dran, dann folgten Waschmaschinen, Musikplayer, demnächst müssen auch Kaffeeautomaten dran glauben.

Der neue Energieausweis zeigt neben der Energieeffizienzklasse des Geräts von A (gut) bis G (schlecht) den durchschnittlichen Stromverbrauch. Dieser ist gemäß der neuen Verordnung nun begrenzt – künftig muss die maximale Nennleistungsaufnahme unter 1600 Watt liegen, vom Jahr 2017 an sogar unter 900 Watt. „Ein Staubsauger, der ab September im EU-Raum in den Handel kommt, darf bei Standardnutzung nicht mehr als 62 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen“, erläutert Annegret Agricola von der Deutschen Energie-Agentur (dena).

Diese Standardnutzung ist klar definiert: Sie umfasst jährlich 50 Reinigungsvorgänge auf einer 87 Quadratmeter großen Fläche. „Also etwa einmal pro Woche die Wohnung saugen“, erklärt die dena. Auf dieser Rechnung basieren auch die Anforderungen an das Energielabel. Demnach muss ein Staubsauger der Effizienzklasse A weniger als 28 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen. Das derzeit energieeffizienteste Gerät auf dem Markt benötigt weniger als 6 Kilowattstunden pro Jahr. Neben den Angaben zur Energieeffizienz ist auf dem EU-Label die Staubaufnahme vermerkt. Auch sie umfasst die Klassen A bis G und ist getrennt für Teppiche und Hartböden angegeben. Ebenfalls von A bis G ist die Staubemission der Geräte klassifiziert. Dazu kommen Angaben über die Lautstärke in Dezibel.

Das neue EU-Label muss ab September auf jedem neu in den Handel gebrachten Gerät aufgebracht sein – nicht nur im stationären, sondern auch im Online-Handel. Aber damit sind die alten Staubsauger noch nicht vom Markt verschwunden: Der Handel kann seine Bestände, ähnlich wie bei den Glühlampen, ohne Zeitbegrenzung weiter verkaufen.

Verbraucher, die angesichts deutlich geschwächter Reinigungskraft Bedenken anmelden, kann Scholz beruhigen: „Geräte mit guter Saugleistung sind längst auf dem Markt“, sagt Werner Scholz, Geschäftsführer der Hausgeräte-Fachverbände im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Im Übrigen sei die Energieeffizienz allein kein Kriterium für die Wirksamkeit des Hausputzes: Auch die Staubaufnahme muss stimmen – sonst wird länger gesaugt, und der Einspareffekt ist wie weggeblasen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) würde die Haushalte am liebsten auffordern, sich möglichst bald einen neuen Staubsauger zuzulegen. Immerhin kann ein Haushalt bei zehnjähriger Nutzung bis zu 250 Euro an Stromkosten sparen. Dennoch schlägt die Begeisterung keineswegs überall große Wellen. In Großbritannien wurde beispielsweise in den vergangenen Tagen heftig über den neuen Vorstoß aus Brüssel hergezogen: Auf der Insel wertet man die Umweltschutzmaßnahme lediglich als ein weiteres Beispiel für die wachsende Bevormundung durch die EU. Dass dieses Zeichen nicht selbsterklärend ist, kritisiert die Herstellerfirma Bosch Siemens – und stattet deshalb die eigenen Produkte mit erklärendem Informationsmaterial aus.