Enthüllung: Datenleck erschüttert Steueroasen

Ein riesiger Datensatz mit geheimen Informationen aus Steueroasen bringt weltweit mehr als 130 000 reiche Steuerhinterzieher in Bedrängnis, darunter auch Hunderte Deutsche. Die 2,5 Millionen Dokumente wurden Medien aus 46 Ländern zugespielt, darunter der „Süddeutschen Zeitung“ und der Norddeutschen Rundfunk. Ein Jahr lang haben die Medien in einer Gemeinschaftsaktion die Daten ausgewertet.

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Sie begannen am Donnerstag unter dem Titel „Offshore-Leaks“ mit der Enthüllung der Daten in ihren Ländern. Der bislang bekannteste deutsche Fall betrifft den verstorbenen Playboy Gunter Sachs, der auf den Cookinseln in der Südsee Millionen vor dem Schweizer Fiskus versteckt haben soll. Die Bundesregierung forderte die Übergabe der Daten.

„Wir gehen davon aus und begrüßen es, wenn nunmehr die relevanten Unterlagen an die zuständigen Steuerbehörden der Länder übermittelt werden, damit diese zügig ihre Ermittlungen aufnehmen können“, sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus. Die SPD forderte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, die Bekämpfung der Steueroasen „ganz oben auf die Tagesordnung“ der EU zu setzen, denn auch innerhalb der Staatengemeinschaft gebe es mit Zypern, Malta oder Luxemburg Steuerparadiese.

Weltweit berichteten 46 Medien gleichzeitig über den Datensatz, in dem von mehr als 120 000 Briefkastenfirmen und Stiftungen in Steueroasen wie den Cookinseln in der Südsee, den Britischen Jungferninseln, den Kaimaninseln oder Panama die Rede ist. Ein Insider sprach gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ von dem „bislang größten Schlag gegen das große schwarze Loch der Weltwirtschaft“.

Nach einer Schätzung der internationalen Vereinigung Tax Justice Network wurden allein im vergangenen Jahr weltweit 21 Billionen US-Dollar oder 17 Billionen Euro in Steueroasen versteckt. Allein deutsche Steuerflüchtlinge sollen nach einer Schätzung der Steuergewerkschaft 400 Milliarden Euro beiseitegeschafft haben. Der Datensatz war dem Internationalen Konsortium für für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington vor einem Jahr anonym zugespielt worden.

In einer beispiellosen Aktion schlossen sich daraufhin weltweit Medien zusammen, um die Echtheit der Daten zu überprüfen, die außer Zweifel steht. Der Datensatz setzt auch Politiker unter Druck: So taucht der Wahlkampfmanager des französischen Präsidenten François Hollande, Jean-Jacques Augier, darin auf.

Augier bestätigte Konten auf den Kaimaninseln und erklärte, alles sei legal. Die Ehefrau des russischen Vizepremier Igor Schuwalow, Olga, soll auf den Virgin Islands Millionen gebunkert haben. Die Deutsche Bank gerät ebenfalls ins Visier: Nach Recherchen des NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Großbank im Auftrag von Kunden allein über ihre Niederlassung in Singapur mehr als 300 Firmen und Trusts in Steuerparadiesen gründen lassen.

Ein Sprecher sagte, die Deutsche Bank gehe davon aus, dass „die Kunden ihre Steuerangelegenheiten vollumfänglich regeln und dabei alle Steuergesetze und Meldeverpflichtungen befolgen“.

Birgit Marschall