Energiecheck: Den Stromfressern im Haus auf der Spur

Keine guten Aussichten
Keine guten Aussichten: Ab 2013 müssen rund drei Viertel der deutschen Stromkunden mehr bezahlen. Foto: Ulrich Perrey Foto: DPA

Wer Strom sparen will, muss sich erst einmal sein Verhalten als Verbraucher klarmachen. Wo sind die Stromfresser im eigenen Haushalt? Berater Harald Richter nimmt die Technik daheim unter die Lupe – Einsparen lässt sich noch einiges, aber oft muss erst investiert werden.

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Wer Strom sparen will, muss sich erst einmal sein Verhalten als Verbraucher klarmachen. Wo sind die Stromfresser im eigenen Haushalt? Berater Harald Richter nimmt die Technik daheim unter die Lupe – Einsparen lässt sich noch einiges, aber oft muss erst investiert werden.

Zum Glück zückt Harald Richter gleich zu Beginn des Energie-Checks einen Tablet-Computer: Schritt für Schritt trägt er die individuellen Angaben des Hausbesitzers ein. Schon die Daten aus der jüngsten Stromrechnung liefern Indizien: Liegt der Verbrauch weit über dem Schnitt – oder zahlt der Kunde ungewöhnlich viel dafür? Die Software gibt Entwarnung: Auf einem Balken, der von Grün bis Rot reicht, landet Familie Müller (Name von der Redaktion geändert) noch im grünen Bereich.

Doch dann geht es ans Eingemachte – schließlich wollen die Müllers sparen, und dazu müssen jetzt einzelne Stromverbraucher genau unter die Lupe. Diplom-Ingenieur Richter macht einen der ersten Energie-Checks im Land, und er wird in dem Einfamilienhaus jüngeren Baujahrs fündig.

Wohnbereich: Der Blick des Beraters fällt auf einen Deckenstrahler. Vier Halogenbirnen brennen darin, drei sind konventioneller Art und haben je 35 Watt Leistung – macht in der Summe 105. Nur die vierte wurde mal durch eine LED-Leuchte ausgetauscht. Das ist sehr halbherzig, aber von dem schwachen gelben Licht waren die Müllers nicht überzeugt.

Richter sagt: Sparlampen jüngerer Bauart sind wesentlich besser. Und allein die 105 Watt bedeuten jährlich 115 Kilowattstunden Stromverbrauch, wenn die Lampe täglich drei Stunden brennt. Bei 24 Cent pro kWh macht das 27,60 Euro pro Jahr. Neue LED-Spots mit 3 bis 5 Watt kosten marktüblich 10 bis 20 Euro, sollen aber bis zu zehnmal so lang halten wie die herkömmliche Halogenlampe. Die Müllers können nun weiterrechnen – ihr Gefühl sagt ihnen, dass sie den Versuch mit dem gelben Spot nach und nach fortsetzen sollten. Harald Richter steigt beim Energiecheck nicht so weit ins Detail ein. Die Beratung soll Anstöße geben, aber keine konkreten Kauf- oder Umrüstempfehlungen.

Im Wohnzimmer steht noch ein altmodischer Röhrenfernseher. Moderne Geräte beispielsweise mit LED-Technik können prinzipiell sparsamer sein. Die Krux bei der Geschichte: Der neue Flachbildschirm wird mit hoher Wahrscheinlichkeit größer ausfallen – und spart deshalb unter Umständen doch keinen Strom. Einen Kardinalfehler sollte die Familie aber korrigieren: Fernseher, DVD-Recorder und Stereoanlage hängen an einer normalen Steckdosenleiste. Wird sie für kleines Geld durch ein Modell mit Ausschaltknopf ersetzt, reduziert dies den Verbrauch im Stand-by-Betrieb, wenn die Geräte also nur dem ersten Anschein nach aus sind. Dieser Verbrauch kann enorm sein. Richter hat mal einen DVD-Recorder durchgemessen: 19 Watt Strom zog er auf Stand-by – 21 Watt, also kaum mehr, wenn er tatsächlich zum Einsatz kam.

Küche: Der Kühlschrank mit Gefrierabteil fällt hier ins Auge. Er ist zwar ziemlich neu, doch er steht nicht weit entfernt von einem Heizkörper. Das kann den Verbrauch stark in die Höhe treiben. Energieberater Richter ist trotzdem zufrieden, denn ein Schrank trennt beides voneinander. Ein Blick aus dem Fenster: Auch die Sonne scheint nicht direkt auf das Kühlgerät. Die Tür schließt gut. Und der Temperaturfühler zeigt an: knapp 7 Grad im Innenraum, das ist in Ordnung, kälter sollte das Gerät aber nicht eingestellt sein. Im Keller steht noch ein Gefrierschrank. „Prüfen Sie, ob das Zweitgerät genutzt wird“, empfiehlt die Software auf Richters Tablet. Ja, wird es. Hier gibt es jedenfalls kein nennenswertes Sparpotenzial.

Wirtschaftsraum: Da stehen die Waschmaschine und – bei den Müllers regt sich das schlechte Gewissen – der elektrische Trockner. Die Waschmaschine ist zudem älter als 15 Jahre. Die Beratungssoftware zeigt sich aber erstaunlich kulant: „Das Gerät befindet sich im letzten Drittel der typischen Lebensdauer“, heißt es lediglich. Das war der Familie ohnehin bewusst. Aber ein noch gut funktionierendes Gerät zu ersetzen, ist in der Regel wenig sinnvoll. Bei der Neuanschaffung werden die Müllers selbstverständlich auf das Energielabel achten. Zum Trockner meint die Software noch lapidar: Hängen Sie die Wäsche öfter auf.

Heizungsraum: Eine Überraschung erwartet die Müllers, als es ums Heizen geht. Zwar gibt es in ihrem Haus keinen elektrischen Boiler oder Durchlauferhitzer, auch keine Nachtspeicherheizung – alles potenziell große Stromverbraucher. Doch für Warmwasser- und Heizungskreislauf braucht es Umwälzpumpen. Richter macht ein sorgenvolles Gesicht: „Diese Pumpe ist nicht effizient“, lautet sein knappes Urteil. Ein neues Gerät verbraucht nur ein Zehntel des Stroms, die Anschaffung macht sich binnen zwei, drei Jahren bezahlt. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf.“

Sonstiges: Da gibt es in diesem Fall keine bösen Überraschungen mehr. Auf die Fragen wären die Müllers allerdings kaum gekommen. Haben Sie ein Wasserbett? Nein. Das Problem wäre sonst gewesen: Weil das Wasser ständig warm gehalten wird, steht ein großer Stromfresser im Schlafzimmer. Haben Sie ein Aquarium? Wieder nein. Aber klar, auch hier würde ständig Strom verzehrt. Ob sich allerdings jemand von seinem Hobby abbringen lässt, um Energie zu sparen, ist eine andere Frage.

Fazit: Trotz günstiger Ausgangslage können die Müllers noch einiges tun. Doch wer sparen will, muss nach dem Informieren oft erst mal investieren, und das kann selbst bei den Lampen ins Geld gehen. Der Energiecheck vor Ort öffnet jedenfalls die Augen – und bei Unklarheiten gibt es die Möglichkeit, das Gerät direkt in Augenschein zu nehmen.

Von unserem Redakteur Jörg Hilpert