Eingeschleppt: Ambrosie macht sich im Land breit

Sie ist unbestritten eine gefährliche Pflanze, und sie breitet sich massenhaft in der Region aus. Zwar enthält die aus Nordamerika eingeschleppte Beifuß- Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) kein Gift. Doch ihre Pollen zählen zu den stärksten Allergieauslösern: Bereits minimale Konzentrationen können Heuschnupfen und Asthma auslösen.

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Von Katharina Hammermann

Dem deutschen Allergie- und Asthmabund zufolge reagieren viele Deutsche allergisch auf Ambrosia. Und Rheinland-Pfalz zählt zu den fünf Bundesländern, in denen sie bereits häufig vorkommt: Das Rheintal entlang der Bundesstraßen etwa ist besonders betroffen. Es ist wahrscheinlich, dass viele Leute krank werden.

Da ist sich der Diplom-Biologe Stefan Nawrath sicher. Der Wissenschaftler hat untersucht, wie die Bundesländer mit dem leidigen Ambrosia-Problem umgehen. Der Experte meint, dass Brandenburg, Bayern oder Baden-Württemberg recht viel gegen die ungeliebte Pflanze tun, während Rheinland- Pfalz und Hessen das Thema weitgehend ignorieren. Es gebe in Rheinland-Pfalz derzeit keinen Ansprechpartner, keine Meldestelle, kein Monitoring, kein landesweites Bekämpfungsprogramm und auch keine Meldepflicht, beklagt Nawrath.

So könne sich die Pflanze unbemerkt weiter ausbreiten. Allergien brechen erst mit großer zeitlicher Verzögerung aus Das ist fatal. Viele Menschen werden erst krank, wenn sie den allergieauslösenden Stoffen über längere Zeit ausgesetzt sind, erklärt Nawrath. „Wenn es dann so weit ist, gibt es so viele Pflanzen, dass man das Problem nicht mehr in den Griff bekommt“, sagt er.

Die Landesregierung teilt auf Anfrage des „Trierischen Volkfreunds“ mit, dass sie noch ein EUForschungsprojekt abwarten will, dessen Ergebnisse für Mai 2014 erwartet werden. Zuständig für die Bekämpfung der Pflanze seien die Kommunen. Die Pflanze, um die es geht, ist bis zu zwei Meter groß, hat gefiederte Blätter und einen rot überlaufenen, reich verzweigten, haarigen Stängel. Wer sie nicht kennt, könnte sie für Beifuß halten. Also für harmlos. Denn wie gefährlich die Beifuß-Ambrosie für Pollenallergiker werden kann, sieht man dem unscheinbaren Gewächs nicht an.

Wer die Pflanze berührt, muss mit Juckreiz und Quaddeln rechnen. Und schon kleinste Mengen ihrer winzigen Pollen können zu Atemnot, chronischen Atemwegserkrankungen und schweren heuschnupfenartigen Symptomen führen. Zudem verlängert die Pflanze die Leidenssaison: Pollenallergiker hatten bisher vor allem zwischen März und Juli – also in der Hauptblütezeit von Bäumen und Gräsern – Probleme.

Die Ambrosie blüht jedoch von August bis Oktober. Eine weitere schlechte Nachricht: Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Pflanze erobert sich immer neue Gebiete. „Ambrosia ist auch in Rheinland-Pfalz auf dem Vormarsch“, sagt der Geobotaniker Thomas Becker. In den warmen Regionen des Rheintals etwa sei sie mittlerweile schon sehr weit verbreitet – lokal häufig an Straßenrändern und Bahngleisen.

Auch Ackerränder und Gärten (wohin Ambrosia meist mit verunreinigtem Vogelfutter gelangt) bieten gute Wuchsbedingungen. Dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium zufolge sind bisher zwei besonders problematische Standorte bekannt: Beide befinden sich entlang der Bundesstraße 9 vor Ludwigshafen und Speyer. Auch an der Mosel ist die gefährliche Pflanze schon aufgetaucht Dort kommt die Art bereits massenhaft vor.

Auch im Moseltal ist sie bereits gesichtet worden – unter anderem an der Staustufe bei Trier-Euren und in Gärten. Schon wenige Pollenkörner reichen aus, um heftige allergische Reaktionen auszulösen. Und da die Pollen kilometerweit fliegen können und eine einzige große Pflanze eine Milliarde solcher Pollen freisetzen kann, sind auch hier gesundheitliche Folgen zu befürchten.

Medienberichten zufolge reagieren in den USA mehr als drei Viertel aller Pollenallergiker auf Ambrosia, und mehr als ein Viertel der gesunden US-Amerikaner ist sensibilisiert. Eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und des Allergie- Zentrums der Ludwig-Maximilians- Universität München schätzt die Kosten, die Deutschland durch die Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie entstehen, auf zwischen 200 Millionen und mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Den Forschern zufolge sind abgestimmte Vorsorgemaßnahmen nötig. Doch genau daran scheint es in Rheinland-Pfalz zu hapern.