Berlin

Drei SPD-Buben gegen eine Kanzlerin

Ja, ja, formal entscheidet die Sozialdemokratie frühestens Ende 2012. Aber gefühlt ist die Sache seit Montag gelaufen. Seit Parteichef Sigmar Gabriel nicht allein die Medieninszenierung sucht, auch nicht zu zweit mit Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Sondern indem er ein neues Troika-Format wählt, um den derzeit ohne Ämter, aber mit Ambitionen gehandelten Peer Steinbrück ins Scheinwerferlicht zu bringen.

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Berlin. Ja, ja, formal entscheidet die Sozialdemokratie frühestens Ende 2012. Aber gefühlt ist die Sache seit Montag gelaufen. Seit Parteichef Sigmar Gabriel nicht allein die Medieninszenierung sucht, auch nicht zu zweit mit Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Sondern indem er ein neues Troika-Format wählt, um den derzeit ohne Ämter, aber mit Ambitionen gehandelten Peer Steinbrück ins Scheinwerferlicht zu bringen.

Wäre die Frage zwischen Gabriel, Steinmeier und Steinbrück wirklich offen, käme Gabriel doch niemals auf die Formulierung, dass „Peer Steinbrück mit Frank-Walter Steinmeier“ schon einmal gezeigt habe, wie man Deutschland aus der Krise führt. Und er hätte danach nicht betont, dass die Menschen „Peer Steinbrück mit Frank-Walter Steinmeier“ Vertrauen schenken. Formuliert im Singular, wohlgemerkt. Mit einem Steinbrück, der zupackt, handelt, besser regiert. Steinmeier als Beigabe.

Die SPD hat höchst unterschiedliche Erfahrungen mit dem Troika-Stil gemacht. Die legendäre aus Herbert Wehner, Helmut Schmidt und Willy Brandt bescherte der Partei immerhin 16 Regierungsjahre, beschleunigte letztlich aber den Machtverlust. Der zweite Troika-Versuch ging 1994 mit Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder gründlich schief. Der Sieg über Kohl gelang erst vier Jahre später mit Schröder und Lafontaine im Zweier-Zangen-Angriffs-Format.

Jetzt also wieder drei. Aber die drei sind noch vor ihrer eigentlichen Inthronisierung besser aufeinander abgestimmt, als es die Vorgänger je waren. Gabriel reagiert auf Fragen zur Partei, Steinmeier auf das konkrete Vorgehen der Fraktion. Und beide beziehen sich immer auf Steinbrück, der alles sowieso immer besser weiß und besser macht. Jedenfalls suchen die Chefs wieder und wieder den Blickkontakt zum gefühlten Kanzlerkandidaten, der dann mit kaum merklicher Mimik die Offensive oder Defensive diktiert.

Auffallend defensiv ist Steinbrück gegenüber seinem Amtsnachfolger als Finanzminister. Für Wolfgang Schäuble hat er sogar anerkennende Worte. Und der gefühlte Kandidat legt Wert auf die Feststellung, Schäuble stets von Kritik ausgenommen zu haben. Die soll vor allem die Kanzlerin treffen, also seine künftige Gegenspielerin. Und da sind die drei absolut offensiv. Die Troika inszeniert Steinbrück als Kontrast zur abwartend-unentschlossen wirkenden Angela Merkel. Und zwar so konsequent, dass der Eindruck entsteht, nicht Merkel habe 2008 den Weg aus der Weltfinanzkrise gefunden, sondern in Wirklichkeit Steinbrück.

Diese Rolle muss Steinbrück nicht erst einüben. Die quillt aus jeder Pore seiner Haut. Die SPD bietet der Regierung Unterstützung an, wenn sie denn mutiger auch unbequeme Entscheidungen trifft. Das gelte auch dann, wenn die Regierung keine eigene Mehrheit habe, versichert Gabriel treuherzig. Der SPD-Chef spricht von sich aus auch von der Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen. Denn auch für diesen Fall wüsste die SPD, mit wem sie anträte.

Steinbrück doziert, was das Zeug hält, über die richtigen Wege aus der Krise. Er meißelt seine Botschaften in Granit: „Es wird zu einem Schuldenschnitt in Griechenland kommen.“ Und griffig auch die Bilder: „Da fliegen Ihnen die letzten Haare weg – meine jedenfalls“, sagt Steinbrück mit dem Hinweis auf eine „Kollegin“, die vorgerechnet habe, was die Sparanstrengungen der Griechen auf Deutschland übertragen bedeuten würden. Die „Kollegin“, auf deren Name Steinbrück nicht kommt? Angela Merkel.

Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz