Washington

Die Stimme der Latinos wird immer gewichtiger

Die Hispanos spielen in den USA von Wahl zu Wahl eine größere Rolle. Demokraten und Republikaner werben um die Gunst der Wähler mit lateinamerikanischen Wurzeln. In einigen Staaten könnten sie zum Zünglein an der Waage werden.

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Washington – Die Hispanos spielen in den USA von Wahl zu Wahl eine größere Rolle. Demokraten und Republikaner werben um die Gunst der Wähler mit lateinamerikanischen Wurzeln. In einigen Staaten könnten sie zum Zünglein an der Waage werden.

Ein kleiner Wahlspot sorgte kürzlich im US- Bundesstaat Nevada für große Aufregung. „Wähle nicht – das ist unsere einzige Alternative, damit sie uns ernst nehmen“, hieß es darin in spanischer Sprache. Eine wohl politikverdrossene Einwanderer- Organisation hatte ihn lanciert. Die großen Immigrantenverbände protestierten lautstark, und selbst Präsident Barack Obama bezeichnete den Aufruf zur Stimmenthaltung als „zynisch“.

Der Chor der Empörung zeigt, wie wichtig das Votum der spanischsprachigen Bürger in den USA genommen wird. Mehr als 6,5 Millionen Latinos sind als Wähler für die Kongresswahlen am 2. November registriert. Das sind 17 Prozent mehr als bei den Zwischenwahlen im Jahr 2006, wie die NALEO, die Vereinigung der Wahlbeamten lateinamerikanischen Ursprungs, errechnete.

Umstrittene Gesetze gegen illegale Einwanderer wie zuletzt in Arizona haben in diesem Jahr Latino- und Bürgerrechtsorganisationen zusätzlich mobilisiert. Mit Kampagnen von Haustür zu Haustür haben sie die Hispanos ermuntert, sich als Wähler registrieren zu lassen.

Die Demokraten mit Obama an der Spitze haben am offensivsten um die Latinostimmen geworben. Sie machten die fehlende Unterstützung der Republikaner dafür verantwortlich, dass es mit einer Reform der Einwanderungsgesetze nicht voran ging, dem laut NALEO wichtigstem Thema dieser Wählergruppe. „Es gibt keinen Ort im Land, wo die Latinostimme nicht zählt“, sagte Obama in einem Interview mit einem spanischsprachigen Radiosender gerade eine Woche vor den Wahlen.

Aber die Demokraten buhlen nicht alleine um die Hispano-Stimme. Trotz ihrer vielerorts harten Rhetorik gegen Einwanderer werben auch viele republikanische Kandidaten aktiv um Unterstützung und haben in einigen Staaten wie Kalifornien oder New Mexico viel Geld für Wahlspots auf Spanisch ausgegeben.

Hinter den Werbeaktionen steht eine demografische Schlüsselzahl: 85 Prozent der spanischsprachigen Wähler verteilen sich auf zehn Staaten. Einige dieser Staaten gelten als „unentschieden“, könnten aber eine Schlüsselstellung für die Mehrheitsverhältnisse auf dem Kapitol haben. Und in mehreren dieser Staaten stellen die Hispanos mindestens zehn Prozent der Wählerschaft.

Nevada ist eines der schlagkräftigsten Beispiele: Der Demokrat Harry Reid, bisheriger Mehrheitsführer im Senat, tritt in einem harten Wahlkampf gegen Sharron Angel von der ultrakonservativen Tea- Party-Bewegung an. Bei einem Anteil von zwölf Prozent der Wahlberechtigten können die Hispanos in Nevada kaum ignoriert werden.

„Es ist vor allem in einem so engen Rennen wie in Nevada, wo die Stimme derLatinos den Unterschied macht“, sagte der NALEO-Direktor Arturo Vargas vor Journalisten. Dies kann auch den Versuch der Konservativen erklären, die Latinos zur Wahlenthaltung zu veranlassen.

Auch die Demokraten können jedoch keineswegs sicher auf die Stimme der Hispanos zählen. Experten weisen darauf hin, dass es sich um eine Gruppe handelt, die nicht unbedingt einer Partei treu ist, sondern eher ihren Interessen folgt. „Die Latinos sind fähig und bereit, die Linie zu einer anderen Partei zu kreuzen“, sagt Vargas.

Nach Ansicht von Wahlforschern sollte auch die Enttäuschung dieser Wähler über die Demokraten nicht unterschätzt werden: Denn diese haben in den zwei Jahren, in denen sie die Mehrheit in beiden Kammern hatten, keine Reform der Einwanderungsgesetze zuwege brachten. Und auch die schlechte Wirtschaftslage, die die Hispanos stärker als andere gesellschaftliche Gruppen trifft, spielt eine Rolle.

„Weder können sich die Demokraten des Latinovotums sicher sein, noch können es die Republikaner weiter ignorieren“, fasst der Präsident des Zentrums für Amerikanischen Fortschritt", John Podesta, die Lage zusammen.

Von Silvia Ayuso