Köln

Die Maus erklärt seit 40 Jahren die Welt

Hier kommt sie, unverkennbar. Tak, tak, tak machen die Füße, klick, klick die Augen, wenn sie mit den Lidern klimpert. Gibt es ein Problem, beginnt sie zu schnüffeln – und meist findet sie rasch eine Lösung. Ist zum Beispiel das Licht in der Laterne ausgegangen, die sie vor sich herträgt, so funktioniert sie eines ihrer Barthaare zum Streichholz um – und schon kann sie glücklich mit brennendem Licht weitergehen. Fällt sie in einen Graben, setzt sie den eigenen Schwanz als Propeller ein, um sich mit dessen Hilfe herauszuarbeiten.

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Von Diemut Roether

Köln – Hier kommt sie, unverkennbar. Tak, tak, tak machen die Füße, klick, klick die Augen, wenn sie mit den Lidern klimpert. Gibt es ein Problem, beginnt sie zu schnüffeln – und meist findet sie rasch eine Lösung. Ist zum Beispiel das Licht in der Laterne ausgegangen, die sie vor sich herträgt, so funktioniert sie eines ihrer Barthaare zum Streichholz um – und schon kann sie glücklich mit brennendem Licht weitergehen. Fällt sie in einen Graben, setzt sie den eigenen Schwanz als Propeller ein, um sich mit dessen Hilfe herauszuarbeiten.

Ganz schön rumgekommen: 1992 nahm der deutsche Astronaut Klaus-Dietrich Flade die Maus mit auf die russische Raumstation MIR. 
Foto: WDR
Ganz schön rumgekommen: 1992 nahm der deutsche Astronaut Klaus-Dietrich Flade die Maus mit auf die russische Raumstation MIR.
Foto: WDR

Denn sie hat den Bogen raus

Die Maus, die jetzt mit ihrer Sendung 40. Geburtstag feiert, hat schon lange einen festen Platz im Herzen der Zuschauer. Derjenigen, die mit ihr aufgewachsen sind, und derjenigen, die heute mit ihr fernsehen lernen. Denn die Maus „hat den Bogen raus“, wie Stefan Raab zu ihrem 25. Geburtstag sang.

Sie weiß sich in fast allen Situationen zu helfen, nur manchmal stiehlt ihr der blaue Elefant die Show. So kann es schon mal passieren, dass die Maus mühevoll eine Banane schält, die aus ganz vielen Schalen besteht und immer kleiner wird – und wenn sie endlich den fruchtigen Kern herausgearbeitet hat und sich darauf freut, ihn essen zu können, schlägt der Elefant, der bis dahin schlafend daneben gelegen hat, mit seinem Rüssel zu und verschlingt die kostbare Frucht.

Die orangefarbene Maus mit dem markanten Augenaufschlag kennen heute 95 Prozent aller Deutschen. Bei der Expo 2000 in Hannover gehörten auch die Maus, der blaue Elefant und die Ente zu den offiziellen Exponaten, mit denen sich Deutschland präsentierte.

Dabei wirkte die Maus schon bei ihrem ersten Auftritt am 10. März 1971 in der Zeichentrickgeschichte „Maus im Laden“ im Vergleich mit anderen Zeichentrickmäusen – wie etwa Micky Maus – fast anachronistisch: Eine ganz einfach gezeichnete Figur, zweidimensional und dazu noch sprachlos. Doch die stumme Heldin hat inzwischen Fans in der ganzen Welt. In fast 100 Länder verkaufte der WDR Sachgeschichten, mit denen sie untrennbar verbunden ist. Seit 1975 tritt der blaue Elefant an ihrer Seite auf, der einzige Elefant, der kleiner ist als eine Maus. 1987 kam die flattrige gelbe Ente hinzu.

Angefangen haben die „Lach- und Sachgeschichten“ am 7. März 1971. Armin Maiwald, der bis heute erklärt, wie die Streifen in die Zahnpasta kommen und die Löcher in den Käse, hatte Ende der 60er-Jahre die Idee, „Werbespots aus der Wirklichkeit“ für Kinder zu produzieren. In den ersten Filmen erklärte er, wie das Brötchen, das Ei und die Milch auf den Frühstückstisch kommen.

Pädagogen beschwerten sich damals bitterlich über diese Filme, die am Anfang komplizierte Sachverhalte ohne Texte erklärten. „Ihr macht die Kinder wortlos“, lautete der Vorwurf an die Macher. Überhaupt galt es Anfang der 70er als schädlich, dass Kinder fernsehen.

Gehen wie auf Kokosschalen

Illustratorin Isolde Schmitt-Menzel hat die orangefarbene Figur erfunden, weiterentwickelt und animiert wurden die Mausspots von Friedrich Streich, der auch den blauen Elefanten und die gelbe Ente dazu erfand. Die Geräusche, das typische Tak-tak-tak der Füße, machte der Geräuschemacher Jörn Poetzl mit Kokosschalen, das Klick-klick der Augen mit Kastagnetten. Seit Januar 1972 heißen die „Sach- und Lachgeschichten“ im Ersten „Die Sendung mit der Maus“. Aller Kritik zum Trotz hielten die Macher an ihrem Konzept fest – und der Erfolg gibt ihnen recht. Doch wenn es die Maus nicht gäbe und sie heute erfunden würde, würde sie wohl das erste halbe Jahr nicht überleben, fürchtet Maiwald.

Die Maus ist wie ihre Macher: im besten Sinne neugierig. Sie schaut sich die Dinge an und versucht, ihnen auf den Grund zu gehen. Mit dieser Haltung gehen auch Armin Maiwald, Christoph Biemann und Ralph Caspers, die drei Männer hinter der Maus, an die Fragen heran, auf die sie eine Antwort suchen. Und obwohl man in der „Sendung mit der Maus“ so viel lernen kann, haben ihre Macher stets betont, dass sie kein Schulfernsehen machen. Sie erklären nicht, sie erzählen Geschichten. „Ich bin nicht der Aushilfslehrer“, sagt Ralph Caspers. Und Armin Maiwald beschreibt seine Arbeit als die eines Reporters: „Ich bin einer, der loszieht und versucht, eine Geschichte aufzureißen.“