Die ARD kämpft um Quote und Profil

Wenn Reinhold Beckmann in diesen Tagen zur besten Sendezeit den Showmaster gibt, wenn in langen Nächten die Schätze der Fernseharchive präsentiert werden, dann kannn nur ein TV-Großereignis dahinterstecken. Und zwar eines in eigener Sache: Die ARD feiert 60. Geburtstag.

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Wenn Reinhold Beckmann in diesen Tagen zur besten Sendezeit den Showmaster gibt, wenn in langen Nächten die Schätze der Fernseharchive präsentiert werden, dann kannn nur ein TV-Großereignis dahinterstecken. Und zwar eines in eigener Sache: Die ARD feiert 60. Geburtstag.

Eigentlich ist alles eine Mogelpackung – wie so einiges im Fernsehen. Denn es war der 9. Juni 1950, als Adolf Grimme, Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), den Vertretern der anderen öffentlichen Landesrundfunkanstalten die Bildung einer Dachgemeinschaft vorschlug. Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland war geboren. Dass die ARD – so die vertraute Abkürzung des begrifflichen Monstrums – bereits in diesen Tagen die Geburtstagstorte anschneidet, hat auch etwas mit Programmplanung zu tun. Denn noch kann man auf die Aufmerksamkeit der Zuschauer bauen. Im Juni könnten Jogis Kicker in Südafrika den Fernsehmachern hierzulande die Show stehlen. Also wird das Jubiläum flugs ein paar Wochen vorverlegt.

Aber was sind schon ein paar Wochen im Vergleich zu sechs Jahrzehnten, in denen sich der Senderverbund zu einem der größten öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen der Welt gemausert hat. Unvergessene TV-Größen wie Hans-Joachim Kulenkampff oder Rudi Carrell, Serien wie „Lindenstraße“, oder „Dallas“, Magazine wie „Panorama“, „Report“ oder „Monitor“, Klamaukformate wie „Klimbim“ oder „Nonstop Nonsense“, die Sportschau, der Frühschoppen, der Weltspiegel – alle sind untrennbar mit dem Programm verbunden, dass die große Mehrheit der Deutschen trotz der Sendervielfalt nach wie vor auf Position eins ihrer Fernbedienung gespeichert hat.

Doch der süße Geburtstagskuchen dürfte den Verantwortlichen nicht uneingeschränkt schmecken. Die ARD hat Probleme – finanziell, personell und konzeptionell. Wenn der Berliner Medienforscher Lutz Hachmeister die Arbeitsgemeinschaft im 60. Jahr ihres Bestehens als stärker denn je wahrnimmt, weil sie „einen starken politischen Rückhalt bei den Ministerpräsidenten hat“, ist das nur ein Teil der Wahrheit. Fakt ist, dass jüngeres Publikum – als werberelevante Zielgruppe umgarnt – den Öffentlich-Rechtlichen schon lange mehr oder weniger den Rücken gekehrt hat.

In einer Zeit, in der Castingshows und Doku-Soaps größere Einschalt-Garanten sind als Politrecherchen und Satireprogramme, sendet sich die ARD immer tiefer in die eigene Sinnkrise. Und wie bereits seit der ersten Stunde spricht man auch hier mit ebenso vielen Stimmen wie Sendeanstalten im Boot sitzen. Die einen sind Verfechter des Quotenkurses, setzen darauf, auf der Klaviatur zu spielen, die die Privatsender viel besser beherrschen. Die anderen halten den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag hoch und riskieren dabei, in der (all-)gemeinen Wahrnehmung als „Seniorenfernsehen“ oder „Randgruppen-TV“ abgetan zu werden.

Wie man’s macht, macht man’s verkehrt – diese Volksweisheit scheint derzeit das ARD-Sendekonzept zu sein. Darüber können auch glamouröse Geburtstagsshows und lange Themennächte nicht hinwegtäuschen. Damit feiert man in erster Linie das, was einmal war. Was kommen wird, muss aber das beherrschende Thema sein, sobald die Geburtstagstorte verzehrt ist.

Von unserem Redakteur Markus Kratzer