Der Robotron, der Held und ich

Das geteilte Berlin war immer eine Reise wert und ein Ausflug in den sozialistischen Osten gehörte dazu. Jochen Magnus war 1987 in die „Hauptstadt der DDR“ aufgebrochen, traf einen echten „Helden der Sowjetunion“, verplapperte sich bei der Ausreise – und trotzdem wurde alles gut: Dem Robotron sei Dank!

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Das geteilte Berlin war immer eine Reise wert und ein Ausflug in den sozialistischen Osten gehörte dazu. Voraussetzung für den Grenzübertritt in die Hauptstadt der DDR war ein Visum (5 DM) und der Zwangsumtausch von 25 DM gegen 25 Mark Ost. Das Geld musste man im Osten komplett ausgeben.

Ich war 1987 in die noch geteilte Stadt aufgebrochen und nutzte die Gelegenheit, mir das Brandenburger Tor von der anderen Seite anschauen zu können. Es war wohl ein besonderer Tag, denn vor dem Denkmal stellte sich eine Gruppe Uniformierter und Funktionäre für Fotografen und ein Kamerateam in Pose, um einen kleinen, älteren Herr mit Hut herum. Ich fragte einen sowjetischen Oberleutnant, den ich Deutsch sprechen gehört hatte, um Auskunft.

„Mein Held“ 1987 vor dem Brandenburger Tor (Ostseite).
„Mein Held“ 1987 vor dem Brandenburger Tor (Ostseite).
Foto: Jochen Magnus
„Es ist der frühere Kommandeur des Regiments, das den Reichstag erobert hat – ein ,Held der Sowjetunion'“, so habe ich seine Antwort in Erinnerung. Der freundliche Offizier gestattete mir das Fotografieren, obwohl es Touristen an diesem Ort ausdrücklich untersagt war: Es war militärisches Sperrgebiet!

Bei der Ausreise fragte mich ein anfangs durchaus freundlicher Grenzpolizist nach besonderen Erlebnissen. Etwas naiv erzählte ich von meinem Schnappschuss des Helden. „Da hätten Sie aber nicht fotografieren dürfen!“, entgegnete der Beamte schmallippig und ich fürchtete um Kamera und schnelle Heimkehr.. Doch jetzt half mir „mein Robotron“ aus der Patsche.

Weil es mir nicht gelungen war, die 25 Ostmark auf ehrlichem Weg auszugeben – ein ordentliches Mittagessen hatte bloß drei Mark fuffzig gekostet, Fahrscheine nur Pfennigbeträge – kaufte ich mir vom Rest ein Handbuch über den Robotron-Computer 1715 – damals das „heißeste“ Gerät des VEB Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“ Sömmerda. Es entsprach ungefähr einem IBM-PC und darauf war die DDR sehr stolz.

Der Grenzer entdeckte das Büchlein in meinem Rucksack und seine vorübergehend amtlich gewordene Mine hellte sich wieder auf. „Sie interessieren sich für einen Personalcomputer aus unserer Produktion!“, freute er sich und als ich ihm versicherte, bei uns im Westen gebe es auch nichts Besseres, war das verbotene Foto vom Helden vergessen und ich durfte die stickige Kontrollkabine unbehelligt gen Westberlin verlassen.

Siehe auch den Blogeintrag: Wer kennt „meinen Helden“?