Pjöngjang

Der „große Nachfolger“ setzt auf Stärke

Martialische Militärparaden vor jubelnden Menschenmassen sind das Markenzeichen der nordkoreanischen Diktatur. Doch vor allem die Atomwaffenprogramme machen der internationalen Gemeinschaft Sorgen.
Martialische Militärparaden vor jubelnden Menschenmassen sind das Markenzeichen der nordkoreanischen Diktatur. Doch vor allem die Atomwaffenprogramme machen der internationalen Gemeinschaft Sorgen. Foto: dpa

Der Wechsel an der Machtspitze in Nordkorea kommt schneller als erwartet. Nach dem Tod des langjährigen Diktators Kim Jong Il stellten die Staatsmedien dessen dritten Sohn Kim Jong Un als den „großen Nachfolger“ vor. Kim junior, der noch unter 30 sein soll, galt schon seit Langem als Favorit seines Vaters für die Nachfolge als starker Mann in dem abgeschotteten Land.

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Pjöngjang – Der Wechsel an der Machtspitze in Nordkorea kommt schneller als erwartet. Nach dem Tod des langjährigen Diktators Kim Jong Il stellten die Staatsmedien dessen dritten Sohn Kim Jong Un als den „großen Nachfolger“ vor. Kim junior, der noch unter 30 sein soll, galt schon seit Langem als Favorit seines Vaters für die Nachfolge als starker Mann in dem abgeschotteten Land.

Eine offizielle Ernennung Kims steht zwar noch aus. Doch schon jetzt ist nach Ansicht vieler Beobachter klar, dass das Regime alles daran setzen wird, die Situation möglichst rasch zu stabilisieren und die Machtnachfolge in dritter Generation fortzusetzen. „Es gibt keine Alternative zu Kim Jong Un“, meint ein Experte in Seoul.

Die Nachricht vom Tod Kim Jong Ils kam plötzlich, aber nicht unerwartet. Nach offiziellen Angaben starb er am Samstagmorgen im Alter von 69 Jahren während einer Zugreise an den Folgen eines Herzinfarktes. Er soll „mental und körperlich“ überarbeitet gewesen sein. Das passt zum Bild, das das Regime von Kim zu dessen Lebzeiten zu verbreiten bemüht war. Laut Propaganda starb Kim, während er zum Wohl des Volkes unterwegs war.

Kim galt zwar schon lange Zeit als gesundheitlich angeschlagen, doch machte er in den vergangenen Monaten auf Bildern wieder einen relativ rüstigen Eindruck. Unermüdlich berichteten die Staatsmedien über Kims Inspektionsreisen durch das Land. Dabei wurde er vom jüngsten Spross Kim Jong Un regelmäßig begleitet.

Mehr als 48 Stunden ließ die Führung das eigene Volk und die Welt im Dunkeln über das Ableben des Diktators. „Allein die Tatsache, dass man es wagte, die Todesmeldung erst nach zwei Tagen zu veröffentlichen, zeigt, wie unsicher die Lage in Nordkorea ist“, glaubt Schwedens Außenminister Carl Bildt. Er warnte vor erheblicher politischer Unsicherheit auf der koreanischen Halbinsel.

Die Machtübertragung auf den Sohn trieb Kim seit seinem vermuteten Schlaganfall im Sommer 2008 voran. Doch gilt die Vorbereitung auf die Nachfolge als größte Herausforderung für einen autoritären Staat wie Nordkorea. Im Umfeld des Landes, besonders in Südkorea, Japan und China, teilt man die große Sorge vor Instabilität. In den düstersten Szenarien werden interne Machtkämpfe und bürgerkriegsähnliche Zustände im Falle eines Zusammenbruchs nicht ausgeschlossen.

Besonders große Sorgen bereitet auch das vermutete Atomwaffenarsenal. Einmal unbewacht, könnte es unter anderem auch leicht zur Beute von Atomschmugglern werden. Kim, der sein Land 17 Jahre lang mit eiserner Faust regierte, baute das Atomwaffen- und Raketenprogramm des Landes trotz internationaler Sanktionen und einer heruntergekommenen Wirtschaft aus. Es wird in der Region als großes Sicherheitsrisiko gesehen.

Beobachter glauben jedoch nicht, dass es zum schlimmsten Fall kommen wird. Kim Jong Un habe sich den Respekt der Elite verschafft, sagt der Politologe Paik Hak Soon vom privaten Sejong-Forschungsinstitut bei Seoul. „Er hat seine Machtbasis in den vergangenen Monaten konsolidieren können.“

Es werde nach dem Tod Kim Jong Ils kein Machtvakuum geben, glaubt auch der Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul, Walter Klitz. Ein weiterer Grund dafür: „Nordkorea bereitet sich bereits seit drei Jahren auf die Machtnachfolge vor.“ Allerdings hätte sich Pjöngjang gewünscht, mehr Zeit für den Transfer zu haben.

Klitz schloss auch neue Provokationen gegen das Nachbarland Südkorea durch Nordkorea nicht aus – „um zu zeigen, wer Herr im Haus ist“. Wie als Beweis ließ Nordkorea prompt eine Rakete zu Testzwecken steigen.

Weitere Hintergründe und Videos zu Nordkorea finden Sie unter ku-rz.de/kim

Von Dirk Godder