Kyongju

Brüderle als „Superminister“ für 48 Stunden

Wirtschaftsminister Brüderle vertrat beim G20-Treffen Wolfgang Schäuble. M Foto: dpa
Wirtschaftsminister Brüderle vertrat beim G20-Treffen Wolfgang Schäuble. M Foto: dpa

Empfangen wurde Rainer Brüderle im südkoreanischen Kyongju etwas überschwänglicher als üblich. Das dürfte auch der Politprofi so nicht erwartet haben. Doch Brüderle war klar, dass der straff organisierte Willkommensgruß nicht ihm als Neuling unter all den Finanzgrößen galt. Vielmehr ist das Ministertreffen zur Vorbereitung des nächsten Gipfels der Top-Wirtschaftsnationen (G20) für Gastgeber Südkorea in diesem Jahr das wichtigste internationale Ereignis seit den Olympischen Spielen in Seoul 1988.

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Kyongju – Empfangen wurde Rainer Brüderle im südkoreanischen Kyongju etwas überschwänglicher als üblich. Das dürfte auch der Politprofi so nicht erwartet haben. Doch Brüderle war klar, dass der straff organisierte Willkommensgruß nicht ihm als Neuling unter all den Finanzgrößen galt. Vielmehr ist das Ministertreffen zur Vorbereitung des nächsten Gipfels der Top-Wirtschaftsnationen (G20) für Gastgeber Südkorea in diesem Jahr das wichtigste internationale Ereignis seit den Olympischen Spielen in Seoul 1988.

Wichtig genug aber auch für Deutschland, um hochkarätig besetzt auch mit einem Minister auf diesem Vortreffen zu glänzen: Brüderle vertrat seinen erkrankten CDU-Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble. Das war vor erst gut zwei Wochen noch nicht so klar. Zwar springt laut Kabinettsgeschäftsordnung auf internationalem Parkett der Wirtschaftsminister ein, wenn der Finanzminister verhindert ist. Im aktuellen Fall aber wurde erst nach einigem Hin und Her entschieden, dass Brüderle Schäuble vertritt.

Das war im Frühjahr anders: Da wurde Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Euro-Krisensitzung nach Brüssel beordert. Brüderle sei nicht erreichbar gewesen, hieß es. Etliche Unions- und FDP-Politiker ärgert es schon seit dem Start von Schwarz-Gelb vor einem Jahr, dass mit Schäubles Staatssekretär Jörg Asmussen ausgerechnet ein Topbeamter mit SPD-Parteibuch die Bundesregierung im Ausland vertritt – zuletzt auch beim Währungsfonds in Washington oder in Luxemburg beim Poker um schärfere EU-Sanktionen.

In Südkorea wollten weder Brüderle noch Asmussen Öl ins Feuer gießen. Bei seinem Kurzeinsatz als Doppelressortchef tat Brüderle nicht so, als wollte er mal eben in zwei Tagen andere Akzente in der Finanz- und Geldpolitik setzen. Es sollte nicht um neue Positionen gehen, sondern um die G20-Linie der Regierung. Und die wird vor allem zwischen dem Kanzleramt und dem Finanzministerium abgesteckt. Kurz vor seinem Abflug besuchte Brüderle Schäuble in der Klinik und sprach sich mit ihm ab: „Wir sind in der Grunddenke ganz eng beieinander“, sagte er. Bei den Details überließ Brüderle Asmussen das Feld. Die heftige Kritik von FDP-Spitzen am geplanten Reformpaket für den Euro-Stabilitätspakt – das auch Asmussen mit ausgehandelt hat – wurde fernab der Heimat ausgeklammert.

Im Streit über Wechselkurse, den „Währungskrieg“ und globale Ungleichgewichte wollte sich der studierte Volkswirt Brüderle in Kyongju umso mehr einbringen. Nicht nur China steht am Pranger. Berlin sieht auch den Dollar als unterbewertet. Die Sorge wächst, dass die USA mit zunehmender Marktabschottung versuchen könnten, ihr gigantisches Handelsdefizit abzubauen. Ein klassisches Brüderle-Thema also.

Auch Kritikern an der deutschen Wirtschaftspolitik bot der „Superminister“ für 48 Stunden selbstbewusst Paroli. Schließlich ist Deutschland nach Ausbruch der Krise die Konjunkturlokomotive unter den westlichen Industriemächten.

Dirk Godder/André Stahl