Bilanz: Flächenbrand in der arabischen Welt

Muammar al-Gaddafi
In Libyen wurde Diktator Muammar al-Gaddafi - hier vor den Vereinten Nationen - nach einem blutigen Machtkampf gestürzt und später getötet. Foto:  Jason Szenes/Archiv

Vor fünf Jahren haben Demonstranten in Tunesien einen Flächenbrand entfacht, der annähernd schließlich die ganze arabische Welt erfasste. Die Regierung wurde aus dem Amt gejagt. Doch der Rausch ist in den meisten beteiligten Staaten der Ernüchterung gewichen. Der Arabische Frühling und seine Folgen im Überblick:

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Tunesien

Aus Verzweiflung über Behördenwillkür verbrannte sich im Dezember 2010 ein Gemüsehändler. Danach forderten Tausende Reformen – die Jasmin-Revolution brach aus. Im Januar 2011 floh Präsident Zine al Abidine Ben Ali. Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten und Anschläge ist Tunesien der Übergang zur Demokratie gelungen. 2014 wurde eine Verfassung verabschiedet, danach wählten die Tunesier ein Parlament und einen Präsidenten.

Ägypten

Massenproteste im Januar brachten im Februar 2011 den Sturz des Langzeitherrschers Husni Mubarak. Danach gewannen die Muslimbrüder die Wahlen. Doch gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi formierte sich Widerstand. 2013 setzte ihn das Militär 2013 ab. Seit Ex-General Abdel Fattah al-Sisi Präsident ist, fährt das Land einen harten Kurs gegen Islamisten und Kritiker.

Libyen

Seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi im Sommer 2011 ging das ölreiche Land zunächst Schritte in Richtung Demokratie. Doch heute herrscht Chaos, der Staat ist praktisch zerfallen. Es gibt zwei Parlamente und Regierungen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrolliert weite Gebiete im Land. Eine nach UN-Vermittlung aufgestellte Einheitsregierung ist bisher nicht zusammengetreten.

Syrien

Machthaber Baschar al-Assad ging 2011 mit Gewalt gegen Proteste vor. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg, bei dem mehr als 250.000 Menschen getötet worden sind. Rund zwölf Millionen Syrer sind auf der Flucht. Assad verlor die Herrschaft über große Teile des Landes an Rebellen und Dschihadisten wie den Islamischen Staat. Friedensgespräche scheiterten, ein Kriegsende ist nicht abzusehen.

Marokko

Das politisch relativ stabile Königreich hat ein frei gewähltes Parlament und ein Mehrparteiensystem. Anfang 2011 forderten Demonstranten mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit. König Mohammed VI. beruhigte die Massen mit einer Verfassungsreform, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und vorgezogenen Neuwahlen.

Jordanien

Nachdem Tausende auf die Straße gegangen waren, bekam das gewählte Parlament seit Februar 2011 schrittweise mehr Einfluss und hat nun ein größeres Mitspracherecht. König Abdullah II. behält jedoch stets das letzte Wort.

Kuwait

Nach Protesten von Staatenlosen, die einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen, und einer monatelangen Regierungskrise trat die Regierung im November 2011 zurück. Später wurde das Parlament aufgelöst. Die Lage beruhigte sich durch soziale und wirtschaftliche Zugeständnisse der Herrscherfamilie al-Sabah.

Saudi-Arabien

Im Frühjahr 2011 gab es in den schiitischen Orten der ölreichen Ostprovinz Proteste, die von der Polizei niedergeschlagen wurden. Demonstrationen sind in dem absolut regierten sunnitischen Königreich verboten.

Bahrain

In dem Golfstaat unterdrückt ein sunnitisches Herrscherhaus die schiitische Mehrheit des Landes. Im März 2011 beendete das Militär gewaltsam den Dauerprotest der Reformbewegung.

Jemen

2011 brachen Proteste aus, die schließlich zu dem Sturz von Langzeitpräsident Ali Abdullah Saleh führten. Seitdem ist der Jemen nicht mehr zur Ruhe gekommen. Bis heute kämpfen schiitische Huthi-Rebellen in einem Bürgerkrieg gegen die Truppen einer sunnitischen Regierung. Eine saudisch geführte Militärkoalition bombardiert die Huthis.