Rheinland-Pfalz

Bei Schlecker-Frauen geht Angst um

Licht aus, Tür zu: Auch für fünf Mainzer Schlecker-Filialen war in der vergangenen Woche Schluss. Doch auch bei den Schlecker-Frauen, die noch nicht gekündigt wurden, schwindet nach dem Scheitern einer Transfergesellschaft die Hoffnung auf ein Weiterbestehen der Drogeriemarktkette.
Foto: B. Eßling
Licht aus, Tür zu: Auch für fünf Mainzer Schlecker-Filialen war in der vergangenen Woche Schluss. Doch auch bei den Schlecker-Frauen, die noch nicht gekündigt wurden, schwindet nach dem Scheitern einer Transfergesellschaft die Hoffnung auf ein Weiterbestehen der Drogeriemarktkette. Foto: B. Eßling

Die Schreiben sind raus. Etwa 11.000 Schlecker-Mitarbeiter, die meisten davon Frauen, werden in den nächsten Tagen ihre Kündigung im Briefkasten finden. Das Ende für viele Drogeriemärkte der Kette war zwar auf absehbare Zeit zu erwarten. Kein Teaser vorhanden

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Doch viele Betroffene hofften bis zuletzt auf eine Transfergesellschaft und die damit verbundene Auffanglösung. Auch am Standort Mainz ist mit dem Scheitern der Rettungspläne die letzte Hoffnung auf ein Fortbestehen des Unternehmens in der Belegschaft begraben worden.

Auf mittlerer Führungsebene bemühen sich Regionalleiter, den Beschäftigten Ängste zu nehmen und Perspektiven zu bieten. Auch wenn in vielen Filialen viele weitere Kündigungsschreiben zu erwarten sind. Aber an eine wirkliche Zukunft bei Schlecker scheinen auch sie nicht mehr zu glauben. „Ich möchte dazu nichts sagen, das ist momentan alles schon schwer genug“, äußert sich ein Regionalleiter.

In ihrer Not sind manche der Mitarbeiter in den vergangenen Wochen selbst aktiv geworden und haben sich direkt an die Politiker auf Landesebene und in den Kommunen gewandt: „Dienstag vor zwei Wochen habe ich noch eine E-Mail an Ministerpräsident Kurt Beck und den damaligen OB-Kandidaten Michael Ebling geschrieben“, erzählt Schlecker-Mitarbeiterin Sandra P. (Name von der Redaktion geändert). OB-Kandidat Ebling meldete sich noch am selben Tag bei ihr und erkundigte sich zwei Tage später sogar vor Ort in der Filiale in einem Mainzer Vorort nach den Ängsten und Nöten der Angestellten.

Doch da war es bereits zu spät. Kaum zwei Stunden nach Versenden des elektronischen Hilferufs an die Politik erhielt die Filialleiterin – im Schlecker-Jargon Verkausstellen-Verwalterin (VVW) genannt – die Nachricht über das endgültige Aus für ihre Filiale. Eine von fünf allein in Mainz.

Sandra P. hatte Glück, sie ist zwischenzeitlich in einer der noch geöffneten Filialen untergekommen. Doch das schmälert ihre Trauer und ihre Wut nicht. „Ich denke ständig an alle die Kollegen, die ihren Job jetzt verloren haben“, sagt sie. Wie ihre ehemalige Filialleiterin, die nach zwölf Jahren Betriebszugehörigkeit den Gang zum Arbeitsamt antreten musste. Aber auch P. fühlt sich alles andere als sicher, sie entwickelt gerade einen Plan B für ihre berufliche Zukunft: „Ich habe mir selbst eine Frist gesetzt, da ich im Moment davon ausgehe, dass es in spätestens einem halben Jahr ohnehin keine Schlecker-Märkte mehr geben wird.“ Diese Befürchtung treibt auch viele Politiker um. Und die Sorge, dass es dann nicht mehr um 11.000, sondern sogar um insgesamt 25.000 Menschen geht, die bei Schlecker ihre Arbeit verlieren könnten.

Tränen seien in den vergangenen Wochen viele geflossen, die Gewissheit, den Arbeitsplatz zu verlieren, war für sie und ihre Kolleginnen ein Schock. Und nicht nur für diese, denn auch Kunden waren fassungslos ob der schlechten Nachrichten. In den elf Jahren ihrer Tätigkeit bei ein und derselben Schlecker-Niederlassung habe man die Kundschaft gut gekannt, zum Schluss sogar geduzt. „Stammkunden haben sogar mit uns geweint, als sie von der bevorstehenden Schließung Wind bekamen. Viele unserer älteren Kunden wissen jetzt einfach nicht, wo sie ihre Besorgungen machen sollen“, zeigt sie sich besorgt. Schließlich gebe es in dem Vorort keinen weiteren Drogeriemarkt.

„Am 24. März um genau 13 Uhr haben wir zum letzten Mal die Türen unserer Filiale hinter uns zugezogen und abgeschlossen. Dann wollten wir so schnell wie möglich weg, einfach nur weg“, erzählt Sandra P., die an diesem schweren Tag aber Trost erfahren durfte. Von Kunden, die die Mitarbeiterinnen der Filiale zum Grillen eingeladen hatten.

Von unserem Mitarbeiter Dominic Schreiner