Brüssel

Anleger schnell zurück auf Krisenmodus

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Die Erleichterung über den Sieg der Pro-Europäer in Griechenland währte im ebenfalls angeschlagenen Spanien nur kurz: Finanzminister Cristóbal Montoro musste am Montag direkt wieder in den Krisenmodus schalten. Die erhoffte Entspannung für sein Land am Anleihemarkt blieb aus.

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Im Gegenteil: Die Risikoaufschläge zehnjähriger Staatsanleihen stiegen auf ein neues Rekordhoch von über 7 Prozent – ein Niveau, das andere Euro-Länder unter den Rettungsschirm getrieben hatte. Auch italienische Staatsanleihen verloren an Wert, ihre Renditen kletterten auf 6,044 Prozent. Damit verschärft sich die Schuldenkrise weiter.

Zwar ist mit der Aussicht auf eine pro-europäische Regierung in Athen Griechenlands Euro-Austritt keine akute Gefahr, bleibt aber auf der Agenda. Denn ein Weg zurück zum Wachstum ist nicht in Sicht. „Ich glaube nicht, dass Griechenland in zwei Jahren noch Mitglied der Währungsunion sein wird“, meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer mit Blick auf zu schleppende Reformen. Lüder Gerken, Chef des Centrums für europäische Politik (CEP), sagt: „Griechenland geht die nötigen Strukturreformen nicht an und ist ein hoffnungsloser Fall.“

Spanien in der Schuldenfalle

Zudem wächst die Sorge, dass Madrid nicht nur einmalig Bankenhilfen braucht, sondern seine Schulden nicht mehr ohne fremde Hilfe zurückzahlen kann. Bis Mittwoch soll die Regierung bekannt geben, wie viel der von den Euro-Partnern in Aussicht gestellten 100 Milliarden Euro Finanzhilfe sie in Anspruch nehmen will. Klar ist: Weil letztlich die Regierung für die Rückzahlung der Finanzhilfe verantwortlich ist, belasten die Milliarden für die Institute den Haushalt. „Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der spanische Staat unter der sich entwickelnden Staatsverschuldung zusammenbrechen könnte“, meint Lüder Gerken.

Um das abzuwenden, forderte Montoro am Montag ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank. „Die EZB muss auf die Lage an den Märkten entschieden und zuverlässig reagieren.“ Soll heißen: Sie soll die Zinsen durch massive Anleihekäufe senken. Das hatte EZB-Chef Mario Draghi für den Fall eines Wahlsiegs der linksradikalen Spargegner in Griechenland angekündigt, um einen Marktschock aus Angst vor einem möglichen Euro-Austritt zu verhindern.

Der blieb am Montag aus, doch die Anleger richteten nach kurzer Euphorie ihren Blick auf die anderen Problemkandidaten im Währungsraum. Auch der Euro ging nach dem anfänglichen Sprung auf den höchsten Stand seit Ende Mai wieder auf Tauchstation. Der Grund ist die anhaltende Unsicherheit über die Zukunft des Euro.

Neue Begehrlichkeiten

„Es wird keine Abenteuer mehr geben, an Griechenlands Platz in Europa besteht kein Zweifel“, kündigte der konservative Wahlsieger Antonis Samaras in Athen an. Er fordert aber mehr Zeit für Reformen. Falls die Geldgeber Zugeständnisse machen, könnte das in den anderen Empfängerländern Begehrlichkeiten wecken. Wenn die fiskalischen Ziele gestreckt werden, steigt zudem der Bedarf an externen Finanzmitteln. „Das muss man der Ehrlichkeit halber dazusagen“, betonte EZB-Direktor Jörg Asmussen.

In Rom erlahmt der Reformeifer von Regierungschef Mario Monti. Gerät die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ernsthaft in wirtschaftliche Probleme, würde die gesamte Währungszone wackeln. Denn Italien ist schlicht zu groß, um von den Rettungsschirmen EFSF und ESM über Wasser gehalten zu werden.

Monti fordert daher die Einführung einer gemeinschaftlichen Schuldenhaftung über Euro-Bonds, damit sich Italien billiger refinanzieren kann. Er kritisiert die Ablehnung der Kanzlerin scharf. Am Freitag trifft Merkel auf ein Bündnis der Euro-Bonds-Freunde aus Frankreich, Italien und Spanien. Es geht um die Vorbereitung des EU-Gipfels am Monatsende. Dort soll Merkel weichgeklopft werden, die Krise auf Kosten der deutschen Bonität zu lösen.

Von unserer Brüsseler Korrespondentin Anja Ingenrieth