AfD-Chef: D-Mark ist eine Option

Die Schülerreporter Daniel Becher (links) und Simon Baur gingen bestens vorbereitet in das Interview mit Bernd Lucke (Mitte), Chef der Alternative für Deutschland (AfD). Moderiert wurde das Gespräch über Schuldenkrise, Bildungspolitik und eine angebliche Nähe der AfD zu rechtsorientierten Positionen von Chefredakteur Christian Lindner (2. v. l.) und Redakteur Jörg Hilpert.
Die Schülerreporter Daniel Becher (links) und Simon Baur gingen bestens vorbereitet in das Interview mit Bernd Lucke (Mitte), Chef der Alternative für Deutschland (AfD). Moderiert wurde das Gespräch über Schuldenkrise, Bildungspolitik und eine angebliche Nähe der AfD zu rechtsorientierten Positionen von Chefredakteur Christian Lindner (2. v. l.) und Redakteur Jörg Hilpert. Foto: Jens Weber

Die südeuropäischen Staaten sollten die Euro-Zone verlassen, sagt Bernd Lucke – und die Rückkehr zur DMark bleibt für ihn eine Option, betont der Chef der Alternative für Deutschland (AfD) im „Wahlzeit!“- Interview.

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Das Gespräch führten die Schülerreporter Simon Baur und Daniel Becher sowie Chefredakteur Christian Lindner und Redakteur Jörg Hilpert

Hier Auszüge aus dem Gespräch, das mit Fragen unserer Leser per E-Mail, Twitter und Facebook angereichert wurde:

„Deutschland braucht den Euro nicht“ ist eine Ihrer Grundaussagen. Wollen Sie zur D-Mark zurück?

Nein, das schlagen wir nicht vor – obwohl wir uns auch diese Option offenhalten sollten. Wir streben aber eigentlich an, dass die südeuropäischen Staaten aus dem Euro ausscheiden dürfen. Es gibt zurzeit kein Austrittsrecht, da müssten wir die Verträge ändern. Ein Austritt wäre sinnvoll, weil diese Länder mit dem Wettbewerbsdruck des Euro nicht zurechtkommen.

In der restlichen Euro-Zone sollten wir zum Prinzip zurückkehren, dass keiner für die Schulden der anderen haften muss. Wenn jetzt allerdings die Franzosen und Belgier wollen, dass wir eines Tages auch noch für deren Schulden haften, sollte man lieber das Währungsgebiet vollständig auflösen und zu nationalen Währungen zurückkehren.

Und notfalls wollen Sie den Austritt der Südländer erzwingen, indem die Hilfskredite gestoppt werden. Ist das nicht sehr anmaßend?

Ich kann nicht erkennen, wieso das anmaßend sein soll. In den europäischen Verträgen steht ganz klar drin: Die EU haftet nicht für die Schulden von Einzelstaaten, und die Partnerländer haften auch nicht. Davon sind wir jetzt dreieinhalb Jahre lang vertragsbrüchig abgewichen. Christine Lagarde, Chefin des IWF, hat es offen ausgesprochen: „Wir mussten die Verträge brechen, um den Euro zu retten.“ Kann das ein Rechtsstaat einfach so hinnehmen?

Namhafte Ökonomen sind aber der Ansicht, dass man die Währungsunion nicht in einem geordneten Prozess auflösen kann.

In der „FAZ“ haben kürzlich ebenfalls namhafte Ökonomen gesagt, dass die Euro-Zone verkleinert werden sollte, dass sie in dieser Form nicht haltbar ist. Natürlich kann man eine gemeinsame Währung auch wieder auflösen. Ein Beispiel: Als sich Tschechien und die Slowakei getrennt haben, musste auch die zuvor gemeinsame Währung in zwei auseinandergebrochen werden. Und das hat keine wirtschaftlichen Verwerfungen ausgelöst.

Noch einmal: Renommierte Ökonomen wie Marcel Fratzscher (DIW), Clemens Fuest (ZEW) und Michael Hüther (IW) sagen, dass die Auflösung eben nicht geht. Unterstellen Sie denen Unwissenheit?

Die Ökonomen, die Sie nennen, sind Präsidenten großer Wirtschaftsforschungsinstitute. Diese Institute bekommen ständig große Aufträge von der Bundesregierung.

Die sind gekauft?

Ich weise nur mal auf diesen Zusammenhang hin.

Was blüht uns, wenn krampfhaft versucht wird, das Währungsgebiet so zu lassen, wie es ist?

Lange Zeit sind die ärmeren Länder wie Portugal, Finnland, Irland, Griechenland und Spanien wirtschaftlich schneller gewachsen als Mitteleuropa. Jetzt kehrt sich die Entwicklung um: Der Süden verarmt systematisch. Das führt zu Spannungen und zu Begehrlichkeiten der Ärmeren.

Daraus resultiert die zweite Gefahr, denn die reicheren Staaten in Mitteleuropa könnten sich irgendwann fragen: Wieso sollen wir ständig zahlen? Deutschland haftet jetzt für 637 Milliarden Euro. Wenn wir wirklich dafür eintreten müssen, belastet das unsere wirtschaftliche Lage so stark, dass es nicht mehr zu verantworten ist.

Angela Merkel begründet ihre Euro- Politik mit den Worten: Ich mache nur Schritte, deren Folgen ich überblicken kann. Können Sie die Folgen Ihrer Pläne überblicken?

Ich glaube schon, dass Frau Merkel keinen großen Überblick hat. Natürlich sollten wir die Sache vorsichtig angehen. Aber Zypern zum Beispiel ist ein so kleiner Staat, dass er ohne Weiteres hätte ausscheiden können. Da wäre nichts Gravierendes passiert, und wir hätten erste Erfahrungen gesammelt, wie es ist, wenn ein Staat aus dem Euro austritt. Wir hätten gesagt: Im Einklang mit den Maastrichter Verträgen bekommt Zypern keine Hilfskredite. Wenn Zypern kein Geld bekommen hätte, hätten die Zyprioten sicher entschieden, aus dem Euro auszutreten.

Erzwungenermaßen.

Deshalb, weil wir die Regeln anwenden, die wir mit den Zyprioten vereinbart haben? Da reden wir uns einen Schuldkomplex ein, der nicht angebracht ist.

Die Bundesbank hat offenbar alternative Szenarien entwickelt, Ihnen wurde aber die Einsicht in entsprechende Papiere verwehrt. Unterstellen Sie der Bundesregierung auch, dass sie Einfluss auf die unabhängige Bundesbank ausübt?

Die Bundesbank ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen. Wenn die Regierung nicht will, dass diese Studien an die Öffentlichkeit gelangen, dann muss die Bundesbank das akzeptieren. Könnte sie frei entscheiden, hätte sie wahrscheinlich ein Interesse daran, dass das offen diskutiert wird. Man hört ja aus Kreisen der Bundesbank, dass die alles andere als glücklich mit dem Euro sind.

In der Bildungspolitik wollen Sie die Standards an das beste Schulsystem anpassen. Welches ist denn das beste?

Den Pisa-Studien zufolge gibt es die besten Ergebnisse im dreigliedrigen Schulsystem. Wir wollen es erhalten. Ich sehe mit großer Sorge, dass Haupt- und Realschulen zusammengelegt werden. In den Hauptschulen gibt es viele Kinder, die Probleme haben. Jetzt heißt es: Wir konnten als Lehrer und Erzieher diese Probleme in der Hauptschule nicht lösen, also legen wir sie mit der Realschule zusammen – in der Hoffnung, dass die Schüler die Probleme lösen.

Denn das ist doch der Gedanke: In der Realschule sind vernünftige Schüler, die können die anderen integrieren. Ich habe große Sorge, dass die Realschule damit kaputt gemacht wird.

Sie fordern: Eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unterbunden werden. Das findet sich nahezu wortgleich auch im NPD-Wahlprogramm.

Ich kann die NPD nicht daran hindern, diese vernünftige Forderung zu übernehmen. Wir ziehen zum einen eine gewisse Armutszuwanderung an, beispielsweise durch das Kindergeld. Zum anderen brauchen wir die Steuerung auch im Interesse der Menschen, die zu uns kommen wollen.

Wenn Zuwanderern die Qualifikation dazu fehlt, hier arbeiten zu können, rutschen sie in eine lebenslange Abhängigkeit von unseren Sozialsystemen. Doch ein lebenslanges Dasein in Hartz IV ist nicht menschenwürdig.

Frank Franz, Bundessprecher der NPD, bezeichnet die AfD als Türöffner für die Ideen seiner Partei. Wie erklären Sie sich die große Zustimmung rechter Kreise?

Die NPD würde uns schon da nicht zustimmen, wo wir sagen: Wir wollen eine liberalere Asylpolitik. Wir wollen, dass ernsthaft politisch Verfolgte bei uns auch arbeiten können. Das ist ganz bestimmt keine NPD-Forderung.

Aber Sie können den Zuspruch vom rechten Rand auch nicht unter den Teppich kehren.

Sehen Sie: Wenn der FC Bayern München guten Fußball spielt, aber einen rechtsradikalen Fanklub hat, dann können Sie nicht daraus schließen, dass die Mannschaft des FC Bayern rechtsradikal ist.

Der FC Bayern München geht aktiv gegen rechtsradikale Gruppen vor. Was tun Sie?

Leute in unserer Partei, die eine NPD-Neigung haben, schmeißen wir raus. Rechtsextreme, linksextreme, ausländerfeindliche, islamfeindliche, antisemitische, rassistische Einstellungen haben in der AfD nichts zu suchen und sind ein Grund, diese Leute auszuschließen. Wer rechtsextrem ist, soll nicht uns wählen, der soll die NPD wählen.