AfD: Wir brauchen die Drei-Kind-Familie

Foto: picture alliance

Den Sprung ins Europaparlament hat die junge Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ein Jahr nach ihrer Gründung geschafft. Bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen wollen die Euro-Skeptiker jetzt Profil in der Gesellschaftsfpolitik zeigen. Politiker sollen sich wieder zu Familie bekennen. Und jede Familie sollte am besten drei Kinder bekommen, erklärt der Bundesvorsitzende Bernd Lucke im Interview:

Lesezeit: 8 Minuten
Anzeige

Sie haben sich im vergangenen Jahr als euro-skeptische Partei gegründet. Warum treten Sie jetzt bei drei Landtagswahlen mit der AfD an?

Die Euro-Krise, die Vertragsbrüche und die Milliarden-Rettungsschirme waren nur die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen brachten. Schon vorher haben die meisten von uns nur noch mit Bauchgrimmen gewählt, weil die Altparteien immer unprofilierter wurden und immer mehr Phrasen droschen. Wichtige Probleme wurden ignoriert: Warum reformieren wir unsere Sozialversicherungen nicht endlich so, dass wir nicht ständig auf Kosten der nächsten Generation leben? Warum ist unser Steuerrecht nicht einfach und transparent? Warum wird unser Bildungssystem trotz ständiger Reformen immer schlechter? Warum wollen wir nur noch teure und unzuverlässige Energiequellen nutzen, für die es weder Speicher noch Trassen gibt? Wohin entwickelt sich eine Gesellschaft, die so wenig Kinder bekommt, dass sie dies durch Einwanderung ausgleichen muss?

Es gibt kein Land in Europa, was mehr für Familienpolitik ausgibt…

Damit ist es ähnlich wie mit der Bildungspolitik. Deutschland gibt viel Geld aus, aber die Ergebnisse sind nur mittelmäßig. Viel wäre gewonnen, wenn Politiker, Prominente und die Medien das Positive des Familienlebens auch ausdrücklich öffentlich hervorheben, ja als Einzelpersonen dies auch vorleben würden, wenn sie denn vom Wert der Familie überzeugt sind.

Woran machen Sie fest, dass Politiker das nicht tun?

Die meisten Politiker achten sorgsam darauf, allen Formen des Zusammenlebens gleichmäßig freundlich-distanziert gegenüberzustehen. Aber ohne etwas anderes schlechtzureden, kann man doch auch einfach mal sagen, dass das Leben in einer intakten Familie erfüllend, sinnstiftend und beglückend ist.

Kann auch eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eine Familie sein?

Ich bin dagegen, dass man Begriffe aushöhlt. Je mehr man das tut, desto weniger Bedeutung haben sie. Ich verstehe unter einer Ehe eine Beziehung zwischen Mann und Frau und unter einer Familie verstehe ich Vater, Mutter und Kinder. Damit bestreite ich nicht im mindesten, dass auch gleichgeschlechtliche Paare sorgsam und liebevoll Kinder aufziehen können.

Und warum ist die Drei-Kind-Familie das Idealbild der AfD?

Hier geht es um einen Durchschnitt. Individuell entscheidet natürlich jeder selbst, wieviele Kinder er haben möchte. Aber wir haben jetzt über viele Jahre im Schnitt nur 1,3 Kinder pro jüngerer Frau und das führt zu einer gravierenden, auch finanziell höchst problematischen Überalterung unserer Gesellschaft. Daher wäre es zum Ausgleich gut, wenn Familien im Schnitt drei Kinder hätten.

Wollen Sie dafür Gebärprämien einführen?

Überhaupt nicht. Aber viele Menschen entscheiden sich unter beruflichen Gesichtspunkten gegen Kinder und da sollte man durch mehr Flexibilität bei den Arbeitsverhältnissen und durch ein positiveres Familienbild entgegenwirken.

Was macht die AfD für Menschen, die keine Kinder bekommen können?

Gegen die persönliche Tragik von ungewollter Kinderlosigkeit kann eine politische Partei herzlich wenig machen. Zum Teil kann medizinisch mit Techniken künstlicher Befruchtung geholfen werden. Dass das von den Krankenkassen für eine bestimmte Anzahl von Versuchen auch bezahlt wird, halte ich für völlig richtig.

Warum will die AfD nicht, dass behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam lernen?

Ja, wenn sie gemeinsam lernen können, dann ist das wunderbar, aber es muss eben auch funktionieren. Es ist sinnvoll, Behinderte in jeden Bereich des normalen Lebens zu integrieren, wo sie mithalten können. Wenn es Formen von Inklusion im Schulunterricht gibt, wo Behinderte Kinder teilhaben können ohne abgehängt und ausgegrenzt zu werden, dann ist das völlig in Ordnung. Aber wo die Inklusion nicht funktioniert, weil die intellektuellen Fähigkeiten von geistig behinderten Kindern nicht ausreichend sind, ist es für diese Kinder besser, in eine spezielle Förderschule zu gehen.

Wollen Sie in Brandenburg, Sachsen und Thüringen demnächst wirklich gern mitregieren, oder bringt Ihnen die Opposition derzeit nicht viel mehr Zulauf?

Über eventuelle Koalitionen entscheiden die jeweiligen Landesverbände. Wir laufen niemandem hinterher und machen auch keine Angebote. Aber wir werden auch keine Gespräche verweigern, falls von der Union oder von der SPD Kontakt aufgenommen wird. Es ist keineswegs so, dass nur die CDU als Partner in Frage käme, denn wir haben ja auch ein sehr starkes soziales Profil. Grundsätzlich wollen wir politisch gestalten, deshalb würden wir nicht wie die frühen Grünen um jeden Preis Fundamentalopposition machen. Entscheidend ist, wie gut wir unsere politischen Vorstellungen umsetzen können.

CDU-Fraktionschef Volker Kauder möchte sich nicht einmal mit Ihnen in die gleiche Talk-Show setzen. Trifft es Sie, dass sie sozusagen noch als „Schmuddelkind“ im Politbetrieb gelten?

Diesen Ausdruck würde ich in aller Deutlichkeit zurückweisen wollen. Wenn ein Herr zu Guttenberg bei seiner Doktorarbeit pfuscht, mag man ihn Schmuddelkind nennen. Oder wenn Helmut Kohl gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstößt oder ein Wirtschaftsminister Lambsdorff Steuerhinterziehung betreibt. Aber ich habe mir doch nichts zuschulden kommen lassen, außer dass ich den Altparteien ein bisschen unliebsame Konkurrenz mache.

Warum will man sich dann nicht mit Ihnen in die Talk-Show setzen?

Das ist die Strategie der CDU. Sie weiß, dass wir manche Positionen vertreten, die die CDU geräumt hat, um sozialdemokratischer zu werden. Beim Mindestlohn, bei der Wehrpflicht, bei der doppelten Staatsbürgerschaft, beim Verbot der Schuldenübernahme für fremde Staaten. Ja, wie will sie gegen uns argumentieren, wenn sie das früher selbst vertreten hat? Deshalb traut sie sich nicht in die Talk-Shows.

In diesen Tagen skandieren Menschen in Deutschland antisemitische Parolen auf den Straßen. Wie reagiert die AfD darauf?

Es ist fürchterlich, dass Antisemitismus hochkommt. Für uns ist ganz klar, dass das Existenzrecht Israels unantastbar ist und dass Israel das Recht hat, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Ebenso ist klar, dass das Leiden der Zivilbevölkerung ein Ende haben muss und dafür wäre es sehr hilfreich, wenn die militärischen Strukturen der Hamas nicht in Wohngebieten versteckt werden würden. Wir wollen eine demokratische Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten in anerkannten, sicheren Grenzen. Übrigens muss man zwischen Israelkritik und Antisemitismus unterscheiden. Wirklichen Antisemitismus sehe ich vor allem aus der islamistischen Ecke kommen. Fundamentalistische Moslems denken sehr emotional über diesen Konflikt und akzeptieren den Grundkonsens über Israel in Deutschland nicht.

Gehört der Islam also doch nicht zu Deutschland, wie es einst Bundespräsident Christian Wulff sagte?

Ich weiß nicht, was Wulff damit sagen wollte. Die faktische Existenz des Islam in Deutschland kann überhaupt nicht bestritten werden. Falls der damalige Bundespräsident aber ausdrücken wollte, dass wir Toleranz gegenüber bestimmten islamischen Rechtsvorstellungen oder dem islamistischen Verständnis der Rolle der Frau zeigen müssen, dann kann ich nur vehement widersprechen. Wir sind ein Rechtsstaat und die Schariah hat bei uns nichts zu suchen. Aber wir dürfen auch nicht alle Muslime über einen Kamm scheren. Es gibt viele Bürger muslimischen Glaubens, die unsere Gesellschaftsordnung akzeptieren und bejahen.

Warum treten Sie jetzt bei Landtagswahlen mit der AfD an?

Die Euro-Krise, die Vertragsbrüche und die Milliarden-Rettungsschirme waren nur die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen brachten. Schon vorher haben die meisten von uns nur noch mit Bauchgrimmen gewählt, weil die Altparteien immer unprofilierter wurden und immer mehr Phrasen droschen. Wichtige Probleme wurden ignoriert: Warum reformieren wir unsere Sozialversicherungen nicht endlich so, dass wir nicht ständig auf Kosten der nächsten Generation leben?

Warum ist unser Steuerrecht nicht einfach und transparent? Warum wird unser Bildungssystem trotz ständiger Reformen immer schlechter? Warum wollen wir nur noch teure und unzuverlässige Energiequellen nutzen, für die es weder Speicher noch Trassen gibt? Wohin entwickelt sich eine Gesellschaft, die so wenig Kinder bekommt, dass sie dies durch Einwanderung ausgleichen muss?

Es gibt kein Land in Europa, was mehr für Familienpolitik ausgibt…

Damit ist es ähnlich wie mit der Bildungspolitik. Deutschland gibt viel Geld aus, aber die Ergebnisse sind nur mittelmäßig. Viel wäre gewonnen, wenn Politiker, Prominente und die Medien das Positive des Familienlebens auch ausdrücklich öffentlich hervorheben, ja als Einzelpersonen dies auch vorleben würden, wenn sie vom Wert der Familie überzeugt sind.

Woran machen Sie fest, dass Politiker das nicht tun?

Die meisten Politiker achten sorgsam darauf, allen Formen des Zusammenlebens gleichmäßig freundlich-distanziert gegenüberzustehen. Aber ohne etwas anderes schlechtzureden, kann man doch auch einfach mal sagen, dass das Leben in einer intakten Familie erfüllend, sinnstiftend und beglückend ist.

Kann auch eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eine Familie sein?

Ich bin dagegen, dass man Begriffe aushöhlt. Je mehr man das tut, desto weniger Bedeutung haben sie. Ich verstehe unter einer Ehe eine Beziehung zwischen Mann und Frau und unter einer Familie verstehe ich Vater, Mutter und Kinder. Damit bestreite ich nicht im mindesten, dass auch gleichgeschlechtliche Paare sorgsam und liebevoll Kinder aufziehen können.

Warum ist die Drei-Kind-Familie das Idealbild der AfD?

Hier geht es um einen Durchschnitt. Individuell entscheidet natürlich jeder selbst, wieviele Kinder er haben möchte. Aber wir haben jetzt über viele Jahre im Schnitt nur 1,3 Kinder pro jüngerer Frau und das führt zu einer gravierenden, auch finanziell höchst problematischen Überalterung unserer Gesellschaft. Daher wäre es zum Ausgleich gut, wenn Familien im Schnitt drei Kinder hätten.

Wollen Sie dafür Gebärprämien einführen?

Überhaupt nicht. Aber viele Menschen entscheiden sich unter beruflichen Gesichtspunkten gegen Kinder, und da sollte man durch mehr Flexibilität bei den Arbeitsverhältnissen und durch ein positiveres Familienbild entgegenwirken.

Warum will Ihre Partei nicht, dass behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam lernen?

Ja, wenn sie gemeinsam lernen können, dann ist das wunderbar, aber es muss eben auch funktionieren. Es ist sinnvoll, Behinderte in jeden Bereich des normalen Lebens zu integrieren, wo sie mithalten können. Wenn es Formen von Inklusion im Schulunterricht gibt, wo Behinderte Kinder teilhaben können ohne abgehängt und ausgegrenzt zu werden, dann ist das völlig in Ordnung. Aber wo die Inklusion nicht funktioniert, weil die intellektuellen Fähigkeiten von geistig behinderten Kindern nicht ausreichend sind, ist es für diese Kinder besser, in eine spezielle Förderschule zu gehen.

Würden Sie in Brandenburg, Sachsen und Thüringen wirklich gern mitregieren?

Über eventuelle Koalitionen entscheiden die jeweiligen Landesverbände. Wir laufen niemandem hinterher und machen auch keine Angebote. Aber wir werden auch keine Gespräche verweigern, falls von der Union oder von der SPD Kontakt aufgenommen wird. Es ist keineswegs so, dass nur die CDU als Partner in Frage käme, denn wir haben ja auch ein sehr starkes soziales Profil. Grundsätzlich wollen wir politisch gestalten, deshalb würden wir nicht wie die frühen Grünen um jeden Preis Fundamentalopposition machen. Entscheidend ist, wie gut wir unsere politischen Vorstellungen umsetzen können.

CDU-Fraktionschef Volker Kauder möchte sich nicht einmal mit Ihnen in die gleiche Talk-Show setzen. Trifft es Sie, dass sie sozusagen noch als „Schmuddelkind“ im Politbetrieb gelten?

Diesen Ausdruck würde ich in aller Deutlichkeit zurückweisen wollen. Wenn ein Herr zu Guttenberg bei seiner Doktorarbeit pfuscht, mag man ihn Schmuddelkind nennen. Oder wenn Helmut Kohl gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstößt oder ein Wirtschaftsminister Lambsdorff Steuerhinterziehung betreibt. Aber ich habe mir doch nichts zuschulden kommen lassen, außer dass ich den Altparteien ein bisschen unliebsame Konkurrenz mache.

In diesen Tagen skandieren Menschen in Deutschland antisemitische Parolen auf den Straßen. Wie reagiert die AfD darauf?

Es ist fürchterlich, dass Antisemitismus hochkommt. Für uns ist ganz klar, dass das Existenzrecht Israels unantastbar ist und dass Israel das Recht hat, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Ebenso ist klar, dass das Leiden der Zivilbevölkerung ein Ende haben muss und dafür wäre es sehr hilfreich, wenn die militärischen Strukturen der Hamas nicht in Wohngebieten versteckt werden würden. Wir wollen eine demokratische Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten in anerkannten, sicheren Grenzen.

Übrigens muss man zwischen Israelkritik und Antisemitismus unterscheiden. Wirklichen Antisemitismus sehe ich vor allem aus der islamistischen Ecke kommen. Fundamentalistische Moslems denken sehr emotional über diesen Konflikt und akzeptieren den Grundkonsens über Israel in Deutschland nicht.

Gehört der Islam also doch zu Deutschland, wie es einst Bundespräsident Christian Wulff sagte, oder nicht?

Ich weiß nicht, was Wulff damit sagen wollte. Die faktische Existenz des Islam in Deutschland kann überhaupt nicht bestritten werden. Falls der damalige Bundespräsident aber ausdrücken wollte, dass wir Toleranz gegenüber bestimmten islamischen Rechtsvorstellungen oder dem islamistischen Verständnis der Rolle der Frau zeigen müssen, dann kann ich nur vehement widersprechen. Wir sind ein Rechtsstaat und die Schariah hat bei uns nichts zu suchen. Aber wir dürfen auch nicht alle Muslime über einen Kamm scheren. Es gibt viele Bürger muslimischen Glaubens, die unsere Gesellschaftsordnung akzeptieren und bejahen.

Das Gespräch führten unsere Korrespondentinnen Rena Lehmann und Birgit Marschall