Berlin

25 Jahre: Drei Buchstaben, die die WWWelt änderten

Kaum eine Innovation hat die Gesellschaft so rasant und drastisch verändert: Von Information und Kommunikation über Beruf und Bildung bis hin zu unseren Einkaufsgewohnheiten und der Partnersuche – das Internet hat sämtliche Bereiche des Lebens umgekrempelt. Am 6. August 1991, also vor gerade einmal 25 Jahren, wurde in der Schweiz die erste Internetseite der Welt öffentlich gemacht. Bereits zwei Jahre später wurde das Internet massenkompatibel. Dass das Netz so ist, wie wir es in der heutigen Form kennen, ist maßgeblich einem Mann zu verdanken.

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Tim Berners-Lee bei CERN in Genf (Archivfoto vom 11.06.1994). Das World Wide Web hat unser Leben drastisch verändert. Dabei wollte der Wissenschaftler Tim Berners-Lee vor 25 Jahren eigentlich den Informationsaustausch unter Kollegen vereinfachen.
Tim Berners-Lee bei CERN in Genf (Archivfoto vom 11.06.1994). Das World Wide Web hat unser Leben drastisch verändert. Dabei wollte der Wissenschaftler Tim Berners-Lee vor 25 Jahren eigentlich den Informationsaustausch unter Kollegen vereinfachen.
Foto: CERN Genf/dpa

Von Jenny Tobien

Ein Rückblick: Der britische Physiker Tim Berners-Lee, damals am Europäischen Kernforschungszentrum (Cern) bei Genf beschäftigt, wollte das dortige Informationschaos eindämmen. Im März 1989 schlug er seinem Arbeitgeber ein Projekt auf Basis des Hypertexts vor, um den Datenaustausch zwischen den Forschern weltweit zu vereinfachen. Unterstützung bekam er von seinem Kollegen Robert Cailliau. Weihnachten 1990 legte Berners-Lee mit info.cern.ch den ersten Webserver der Welt an. Am 6. August 1991 machte der damals 36-Jährige die erste Webseite im Internet öffentlich.

„Das war ein technischer Meilenstein“, sagt Informatiker Werner Zorn, der als Gründungsvater des deutschen Internets gilt und 1984 an der Universität Karlsruhe die erste deutsche E-Mail empfing. „Die Idee dahinter war die Verbindung von Apples Hypertext mit der Internettechnologie auf der Netzebene“, erklärt er. Denn das Internet, also die Netzwerkinfrastruktur, gab es schon einige Jahre. Nach der E-Mail wurde nun mit dem World Wide Web ein weiterer Dienst geschaffen, der das Internet zum Leben erweckte.

Einen wichtigen formalen Schritt machte das Cern 1993, als das Institut das World Wide Web für die Öffentlichkeit freigab und ganz bewusst auf Lizenzzahlungen und Patentierung verzichtete. Damit trugen die Forscher maßgeblich zur Bedeutung des Webs in seiner heutigen Form bei. „Die freie Verfügbarkeit war natürlich der Erfolgsfaktor schlechthin“, sagt Internetpionier Zorn.

Den Durchbruch des WWW für Nicht-Computerspezialisten gelang dann 1993 Marc Andreessen. Der Student entwickelte an der University of Illinois den ersten Mosaic-Browser und machte sich später mit Netscape daran, seine Software zur führenden Onlineplattform zu machen. Microsoft-Gründer Bill Gates zog mit seinem Explorer nach und zettelte den „Browserkrieg“ an, in dem Netscape dann auf der Strecke blieb. Das Web wuchs rasant und brachte viele Technikmilliardäre hervor: 1994/95 gingen mit Yahoo, eBay und Amazon gleich drei spätere Internetriesen an den Start. 1998 folgte Google, sechs Jahre später gründete der Harvard-Student Mark Zuckerberg Facebook.

Einen Meilenstein in der Geschichte des Internets setzte Netflix-Chef Reed Hastings mit seiner Strategie, den Versand von DVDs und Blu-ray-Scheiben durch einen Videostreamingdienst Schritt für Schritt abzulösen. Im Februar 2007 startete der Onlinedienst in den USA, seit September 2014 gibt es Netflix auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Inzwischen hat Netflix 83,2 Millionen Kunden und ist nun fast auf der ganzen Welt verfügbar – bis auf China und Ländern wie Nordkorea. In Nordamerika waren 2015 rund 37 Prozent des gesamten Internetverkehrs auf Netflix zurückzuführen, was die technische Infrastruktur der Netze vor ganz neue Herausforderungen stellt.

Tim Berners-Lee
Tim Berners-Lee
Foto: picture alliance

Noch größer als der Bedarf nach Breitbandverbindungen hat das mobile Internet das Netz verändert: 2007 präsentierte Apple-Chef Steve Jobs das erste iPhone, ein Jahr später kam das erste Smartphone mit der Google-Software Android auf den Markt. Das mobile Internet wurde massenkompatibel und Millionen von Apps drängen das Surfen über einen Browser wie den Internet Explorer, Firefox oder Chrome zunehmend zurück. Trotz allen Fortschritts: Weltweit sind noch immer Milliarden Menschen ohne Internetzugang. In Europa gehört das Netz und damit auch das Web dagegen längst zum Alltag: Laut Branchenverband Bitkom gehen drei von vier EU-Bürgern (76 Prozent) zwischen 16 und 74 Jahren mindestens einmal pro Woche online. In Deutschland sind es 84 Prozent, in Island sogar 97 Prozent.

Und Tim Berners-Lee? Der Vater des Web ging 1994 nach Boston, um am Massachusetts Institute of Technology (MIT) das World Wide Web Consortium (W3C) zu gründen. 2004 wurde der Brite von der Queen zum Ritter geschlagen. 2012 nahm er im Rahmen der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London die Würdigung als Erfinder des World Wide Web entgegen. Nach wie vor setzt sich der 61-Jährige für ein freies Internet und den Netzzugang für alle Menschen ein.

Im Gegensatz zu Internetstars wie Zuckerberg, Gates oder Jobs ist Berners-Lee in der breiten Öffentlichkeit bis heute relativ unbekannt. Ihn selbst scheint das nicht zu stören. „Prominent zu sein, zerstört das Privatleben“, sagte er einmal.