Frankfurt/Bad Hersfeld

100 Jahre nach Dudens Tod: Schriftsprache lebt

Fragen zur deutschen Rechtschreibung beantwortet das Deutsche Universalwörterbuch (Duden) auch online.
Fragen zur deutschen Rechtschreibung beantwortet das Deutsche Universalwörterbuch (Duden) auch online. Foto: dpa

„Schreib, wie du sprichst“, lautete die Leitlinie Konrad Dudens (1829–1911). Sein Leben lang setzte sich der Philologe für einheitliche Regeln in der deutschen Rechtschreibung ein. Vor 100 Jahren, am 1. August 1911, starb er im Alter von 82 Jahren in Wiesbaden-Sonnenberg. Das von ihm begründete Rechtschreibwörterbuch, der Duden, ist 2009 in 25. Auflage erschienen.

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Frankfurt/Bad Hersfeld. „Schreib, wie du sprichst“, lautete die Leitlinie Konrad Dudens (1829–1911). Sein Leben lang setzte sich der Philologe für einheitliche Regeln in der deutschen Rechtschreibung ein. Vor 100 Jahren, am 1. August 1911, starb er im Alter von 82 Jahren in Wiesbaden-Sonnenberg. Das von ihm begründete Rechtschreibwörterbuch, der Duden, ist 2009 in 25. Auflage erschienen.

Rechtschreibreform
Die Rechtschreibreform wird auch 15 Jahre nach ihrer Einführung noch von einer deutlichen Mehrheit der Bundesbürger abgelehnt.
Foto: DPA

Geboren wurde der „Vater der deutschen Rechtschreibung“ 1829 in Wesel am Niederrhein, er studierte in Bonn Geschichte, Germanistik und klassische Philologie. In seiner Jugend hatte er zehn Jahre lang in einem evangelischen Waisenhaus gelebt, was ihm den kostenlosen Schulbesuch ermöglichte. Unter seinen Abituraufsatz schrieb ihm der Lehrer wegweisend: „Sein deutscher Stil ist korrekt und zeugt von Nachdenken.“

Er arbeitete als Hauslehrer, reiste nach England und in die französische Schweiz. An der Universität Marburg promovierte Duden über die Antigone des Sophokles, ging als Gymnasialdirektor ins thüringische Schleiz und schließlich als Direktor des damaligen Königlichen Gymnasiums, der heutigen Konrad-Duden-Schule, nach Bad Hersfeld.

Lehrer  machten beim „Kosog’schen Diktat“ im Durchschnitt 14 Fehler, selbst  Korrektoren begingen im Mittel mehr als 13 Fehler.
Lehrer machten beim „Kosog’schen Diktat“ im Durchschnitt 14 Fehler, selbst Korrektoren begingen im Mittel mehr als 13 Fehler.
Foto: Svenja Wolf

Spätestens in Bad Hersfeld wurden Duden die Rechtschreibprobleme seiner Zeit deutlich: Obwohl 1871 das Deutsche Reich gegründet worden war, hatten fast jede Schule, jeder Verlag und jede Behörde eine eigene Orthografie. Eine übergeordnete Regelung gab es nicht. 1872 veröffentlichte er die Schrift „Die deutsche Rechtschreibung“, der er ein Wörterverzeichnis mit Regeln beifügte. Acht Jahre später erschien sein wichtigstes Werk mit dem Titel „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“. Es enthielt rund 27 000 Wörter und orientierte sich vor allem an den preußischen und bayerischen Schreibweisen und Regeln.

Es dauerte bis 1902, ehe Dudens „Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis“ für alle damaligen Bundesländer des Deutschen Reiches als verbindlich erklärt wurden. Österreich-Ungarn und die Schweiz schlossen sich an. Zu diesem Zeitpunkt war Dudens Werk bereits in der siebten Auflage erschienen. Seine Tätigkeit als Gymnasialdirektor in Bad Hersfeld beendete Duden als 76-Jähriger und arbeitete weiter an seinem Lebenswerk.

Die achte Auflage seines „Orthographischen Wörterbuchs“ erschien 1905 noch unter seiner Federführung. Als er am 1. August 1911 starb, befand sich auf seinem Schreibtisch das nahezu fertige Manuskript für die neunte Auflage, die im Jahr 1915 erstmals unter dem Titel „Duden – Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter“ erschien.

Die neueste Duden-Auflage umfasst 135 000 Stichwörter, Bedeutungserklärungen und Angaben zu Worttrennung, Aussprache, Grammatik und Stil. Der Dudenverlag gehört inzwischen zum Unternehmen Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG.

Das Geburtshaus Konrad Dudens im Weseler Stadtteil Lackhausen ist seit Jahren ein Hotel. Seit etwa einem halben Jahr gibt es auch ein – unauffälliges – Denkmal: Eine Bronzebüste am Stadtrand. In Bad Hersfeld, wo Duden vor 100 Jahren beigesetzt wurde, erinnern zwei Denkmale an ihn. Das Haus, in dem er zwischen 1876 und 1905 wohnte, beherbergt seit 1999 das Konrad-Duden-Museum.

Ob Duden an den amtlichen Regeln der umstrittenen Rechtschreibreform der Jahre 1996 bis 2006 Freude gehabt hätte, ist nicht sicher. Er wollte ja durch Vereinfachung das Schreiben leichter lehr- und lernbar machen. Und er stellte dabei gern auch mal etwas ausgesprochen Grundsätzliches wie die Groß- und Kleinschreibung infrage: „Die Großschreibung wirkt verdummend, indem sie unter Kraftvergeudung Verstand und Gedächtnis zu gegenseitigem Kampf zwingt. Sie erschwert die Ausbreitung der deutschen Sprache.“

Von Andreas Rehnolt