Onlinearchive: Der Betrieb wird immer schwieriger

Dies war der erste Server, auf dem RZ-Online über Jahre lief. Kürzlich wurde er verschrottet.
Dies war der erste Server, auf dem RZ-Online über Jahre lief. Kürzlich wurde er verschrottet. Foto: Christian Bednarek

20 Jahre Rhein-Zeitung.de bedeuten auch 20 Jahre gespeicherte Artikel. 8,2 Millionen Artikel sind derzeit in unserem E-Paper-Archiv gespeichert, das sind nahezu sämtliche redaktionellen Berichte unserer Zeitung seit 1996.

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Hinzu kommen fast genauso viele reine Onlineartikel. Millionen Namen werden in diesen Berichten genannt, etliche Hunderttausend Personen abgebildet. Das gefällt nicht jedem aus unterschiedlichen Gründen.

So klagten die beiden Mörder des Münchner Volksschauspielers Walter Sedlmayr nach ihrer Haftentlassung 2007/2008 auf Löschung ihrer Namen aus den Onlinearchiven, weil ihre Resozialisierung behindert würde. In zwei Instanzen bekamen sie Recht – erst der Bundesgerichtshof urteilte 2009 anders: Die Täter hätten auch nach ihrer Haftentlassung keinen generellen Anspruch darauf, dass Onlinearchive entsprechend bereinigt würden. Der BGH stellte klar: Ein Archiv ist ein Archiv, wenn es ausdrücklich als solches gekennzeichnet ist und man an die gewünschte Information nur durch eine gezielte Suche gelangen kann.

Dieser höchstrichterliche Spruch rettete sämtliche Onlinearchive Deutschlands – auch das unserer Zeitung. Denn auch wir hatten unsere Berichte über den Fall Sedlmayr archiviert und sind dafür von den Mördern verklagt worden.

In einer ähnlichen Sache – es ging um den Entführer und Mörder des hessischen Unternehmers Jakub Fiszman – hatte das Oberlandesgericht Frankfurt Jahre zuvor zu unseren Gunsten geurteilt: Eine nachträgliche Veränderung würde „zu einer Verfälschung der historischen Abbildung führen“.

Heute sucht und findet sich fast jedermann in Google wieder. Oft ist das erfreulich, manchmal ärgerlich oder sogar peinlich. Denn immer deutlicher wird die digitale Fußspur, die man im Netz hinterlässt, vor allem durch die sozialen Medien wie Facebook & Co. sowie Googles wachsendes Gedächtnis. Deswegen hat die EU ein „Recht auf Vergessenwerden“ in ihre Datenschutzreform aufgenommen. Der Europäische Gerichtshof hat Google bereits zum Löschen bestimmter personenbezogener Links verurteilt. In Zukunft wird man immer häufiger zwischen den Rechtsgütern „freier Zugang zu Informationen“ und Persönlichkeitsschutz abwägen müssen. Das Betreiben von Archiven könnte schwieriger werden.

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