Himmel hilf! Gehörnter Zimmermann twittert von seiner Seelennot

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat schon viele falsche Propheten, verrückte Ideen und bunte Vögel erlebt. Aktuell twittert dort ein Handwerker von seinen Erfahrungen, wenn die eigene Frau ein Kind von einem anderen erwartet. Für den 24. Dezember kündigt der Mann, der sich „Joseph von Nazareth“ nennt, eine Überraschung an. Zugleich weist er zurück, dass er für eine Werbeagentur twittern könnte.

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Der Kurznachrichtendienst Twitter hat schon viele falsche Propheten, verrückte Ideen und bunte Vögel erlebt. Aktuell twittert dort ein Handwerker von seinen Erfahrungen, wenn die eigene Frau ein Kind von einem anderen erwartet. Für den 24. Dezember kündigt der Mann, der sich „Joseph von Nazareth“ nennt, eine Überraschung an. Zugleich weist er zurück, dass er für eine Werbeagentur twittern könnte.

Twitter ist für viele Nutzer vor allem auch ein Vetriebs- und Marketingkanal – zum Bedauern vieler anderer Nutzer. Die Motive hätte man auch hinter dem Nutzer mit dem Namen „@joseph_von_naza“ vermuten können: Der Mann wirbt auf Twitter um Kunden für seinen Zimmermannsbetrieb, den er in dritter Generation führt. @Joseph_von_naza sorgt allerdings damit für Furore, dass er sehr Persönliches in seine Tweets einfließen lässt – und jetzt auch einen sehr privaten Schicksalsschlag mit der Welt teilte: In Tagen der Ungewissheit hat es sich angedeutet: Seine Verlobte Maria ist schwanger – und er ist nicht der Vater.

Über den Kurznachrichtendienst hat er die Welt zunächst an seiner Verwunderung über das merkwürdige Verhalten seiner Frau teilhaben lassen – und auch die eigentliche Neuigkeit verkündet:

Unsere Zeitung hat ihn kontaktieren wollen, warum er so Persönliches so öffentlich ausbreitet – aber nur seinen engsten Vertrauten erreicht. Der möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, wir nennen ihn mal „Alter Ego“. 25 Jahre jung ist er, hat seine Wurzeln im Stuttgarter Raum und schon einige Erfahrung mit Twitter – in jedem Fall mehr als Joseph, der in seinem ersten Tweet behauptet hatte, Maria habe ihn dazu gebracht. Allerdings war es offenbar Alter Ego, der die Idee geliefert hat.

Er hat ihn zu dem Vorstoß ermuntert, weil „seit 2000 Jahren die Weihnachtsgeschichte immer gleich erzählt wird – nur die Kinder beim Krippenspiel wechseln“. Da sei es einfach an der Zeit gewesen, dass sich Joseph, „der arme Mann“, zu Wort meldet und mal seine Sicht schildert. „Und der Fall ist ja heute noch genau so aktuell.“

Zwischenzeitlich hat der@esel_von_joseph seinen Herrn dringend ermahnt, zu Maria zu stehen. Für Joseph kam das sehr überraschend – mit dem Esel war das nicht abgesprochen.

Und auch, dass die Verlobte des Zimmermanns sich inzwischen mit ihrer Sicht zu Wort meldet, hatte der Handwerker nicht geplant.

Die eigene Lebensgeschichte von Alter Ego hat mit Josephs Schicksal nichts zu tun, wie er sofort versichert. „Zum Glück nicht. Aber wenn man sich umschaut, ist Josephs Schicksal ja nicht so abwegig.“ Joseph – der so heißt wie der Schutzpatron der Ehe – sei jemand, der die Menschen in der heutigen Zeit abholt, meint Alter Ego. „Er versucht zu vermitteln, was für uns heute noch Relevanz hat.“ Der Mann, der da Joseph interpretiert, ist evangelisch, aber selbst nicht aus Kirchenholz geschnitzt – aber „doch ein bisschen bibelfest“. Und wie es scheint, hat das Wirken auch bei einer kirchlichen Organisation Gefallen gefunden. Joseph twittert offenbar in höherem Auftrag. „Aufgelöst wird das erst am 24. Dezember.“ Am Montag sorgte eine Twittermeldung für Aufregung, dass er im Auftrag eine Werbeagentur unterwegs sei. Joseph dementierte umgehend. Er selbst gibt keine Hinweise darauf, er folgt auch konsequent niemandem – zumindest auf Twitter.

Fertig gezimmert ist das Konzept, nach dem der Schreiner bis dahin twittern wird. „Es wäre ja blöd, wenn das Kind zur Welt kommt und die sind noch irgendwo auf dem Weg zur Volkszählung“, sagt Alter Ego. Josephs Werkstoff entsprechend ist das Konzept aber auch nicht in Stein gemeißelt, viele Splitter fallen noch eher zufällig ab. So war gar nicht geplant, dass Joseph auch englisch twittert – und es gefällt auch nicht jedem. Joseph beeindruckt das nicht – er verweist auf die blöde Geschichte mit dem zu hoch gebauten Turm in Babel.

Fest steht allerdings, dass Joseph nur bis zum 24. mittags mit der Unterstützung von Alter Ego rechnen darf. „Danach werde ich dann selbst unter dem Baum erwartet und habe keine Zeit für Joseph“, sagt Alter Ego. Bis dahin wird die rapide wachsende Zahl von Josephs Followern nicht nur Fotos zu sehen bekommen. Sie werden auch noch zwischen den 140 Zeichen Vorgriffe auf die Zukunft des Kindes lesen können – Joseph wird wohl bei dem Nachwuchs seine Spuren hinterlassen. So ist der Zimmermann wohl Zeuge geworden, als ein Samariter einem Verprügelten geholfen hat. Joseph wird seinen Followern noch davon berichten – wenn er im Zimmermannsbetrieb nicht zu viel zu tun hat.

Lars Wienand