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Warum wir heute ihre Blütezeit erleben: Das Geheimnis der Freundschaft

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Symbolbild Foto: dpa

Würden die 2231 Freunde, die man auf Facebook angesammelt hat, einen im Ernstfall auch im Krankenhaus besuchen? Nun, hoffentlich nicht. Dennoch legt eine solche von Facebook-Kritikern häufig vorgetragene rhetorische Frage den Finger in die Wunde. Was bedeutet es, bei einer kommerziellen und, wie inzwischen hinlänglich bekannt ist, recht dubiosen Plattform miteinander befreundet zu sein? Wird der Begriff der Freundschaft völlig entwertet, wenn er nur noch quantitativ gedacht wird?

Lesezeit: 5 Minuten
Unser Autor Wolfgang M. Schmitt widmet sich zum Tag der Freundschaft der Frage, was eben jene ausmacht und wie sie über Jahrhunderte definiert wurde. Aber auch jenseits von Facebook ist zu fragen: Was meint Freundschaft in distanzlosen Zeiten, in denen allenthalben überschwängliche Begrüßungsrituale zu beobachten sind? Flüchtige Bekannte fallen sich da ...
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„Fürsorge ausdrücken“

Ein internationaler Gedenktag erinnert am 30. Juli an die Bedeutung von Freundschaften. Enge und dauerhafte Verbindungen wachsen vor allem im Jugendalter und bei jungen Erwachsenen, sagt die Lüneburger Entwicklungspsychologin Maria von Salisch. Die Professorin der Leuphana Universität hat bei Jugendlichen erforscht, was dazu beiträgt, Freunde zu finden.

Wie wichtig sind Freundschaften?

Heute nehmen sie an Bedeutung zu, weil sich die Zeit verlängert hat, in der junge Menschen sich noch nicht fest an einen Partner oder eine Partnerin binden möchten und können. Über die Lebensspanne gewinnen Freundschaften an Bedeutung, wenn Menschen Single sind oder werden, weil Partnerschaften und Familie auseinanderbrechen, sei es wegen Umzug oder Trennung, sei es wegen der schweren Erkrankung oder des Todes des Partners oder der Partnerin.

Was trägt denn zu einer engen Freundschaft bei?

Viele Freundschaften sind eher lose, und das ist auch richtig und wichtig. Wenn es jedoch eine richtig enge Freundschaft werden soll, muss man beachten, dass manche Menschen sich in der Öffentlichkeit anders darstellen, als sie privat sind. Um das herauszufinden, braucht es das Gespräch über Privates, also über Erlebnisse oder Ansichten, die vielleicht nicht mit jedem geteilt werden.

40 Prozent der überwiegend erwachsenen Befragten einer repräsentativen Untersuchung würden sich viele ihrer Freundschaften enger und tiefergehend wünschen. Nach meinen eigenen Forschungen hatten Jugendliche, die nach einem Schulwechsel mehr von sich preisgaben, nach einem Jahr mehr Freundinnen und Freunde, was wiederum ihre Bereitschaft zur Selbstoffenbarung beflügelte.

Was kann ich also tun, um lang anhaltende Freundschaften zu schließen?

Ein meist gut gelaunter und findiger Kumpel sein, mit dem andere gern zusammen sind, und kein Rumpelstilzchen, Besserwisser oder Dauernörgler. Ich sollte Freunden in der Not helfen, verlässlich sein und Versprechen einhalten. Es ist wichtig, Fürsorge, Bewunderung und Zuneigung auf angemessene Weise auszudrücken. Das heißt, weder teilnahmslos zu bleiben noch distanzlos jedes Wort des Freundes aufzusaugen. Ich muss einsehen, dass der Freund oder die Freundin noch weitere Freundschaften pflegen. Es ist wichtig, den Freund oder die Freundin als gleichrangig anzuerkennen und ernsthaftere Konflikte zu lösen, oder – wenn das nicht möglich ist – einander vergeben zu können.

Das Gespräch führte Karen Miether

Wirklich enge Freunde haben wir nicht viele

Ein Freund, ein guter Freund – davon haben die Menschen in Deutschland im Schnitt gleich drei (3,3). Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Statista. Männer kommen dabei im Mittel auf 3,6. Frauen haben ein bisschen weniger: 2,9. Jeder Vierte (27 Prozent) gibt an, sogar vier und mehr Freunde zu haben. Fast jeder Zehnte (9 Prozent) hat dagegen gar keinen Freund.

Und wie viel Zeit verbringt man mit dem Besten, was es gibt auf der

Welt? Im Osten sind es durchschnittlich 10 Stunden pro Woche. Im Süden werden für beste Freunde 7,7 Stunden aufgewendet, im Norden sind es 9,4, im Westen 9 Stunden. Fast alle Befragten (96 Prozent) sind sich allerdings einig, dass gemeinsame Zeit die Freundschaft verbessert.

Für die repräsentative Umfrage hat Statista im Juli 2019 im Auftrag des Geschenkeanbieters mydays 1000 Menschen in Deutschland im Alter von 18 bis 78 Jahren befragt.

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