Trier

Rheinland-Pfalz im Zeichen des Untergangs: Landesausstellung blickt auf das Aus der Römer

Von Birgit Reichert
Foto: dpa/Harald Tittel

Die Römer haben das heutige Rheinland-Pfalz geprägt. Doch ganz gleich, wie mächtig sie einst waren – auch ihnen blieb der Untergang ihres Reiches nicht erspart. Eine große Landesausstellung in Trier mit Leihgaben aus dem ganzen Bundeslang nimmt diese Ende nun in den Blick.

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Auf dem Weg zum Untergang des Römischen Reiches wird es immer dunkler. Wer am Ende des Rundgangs in der Finsternis angekommen ist, hat rund 150 Jahre spätantiker Geschichte erlebt: Von der Hoch-Zeit der Kaiserresidenzen mit Thermen, Glas- und Goldkunst zurück zu Holzhäusern, Schrottmünzen und dem Plumpsklo. Eine Ausstellung in der einstigen Römerstadt Trier geht erstmals einem großen Rätsel der Weltgeschichte nach: Wie und warum ist das Römische Reich, das kulturell so hoch entwickelt war, untergegangen?

Rund 700 Exponate von 130 Leihgebern aus 20 Ländern sind bis zum 27. November bei der rheinland-pfälzischen Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“ in drei Museen zu sehen. Das Rheinische Landesmuseum Trier als Hauptstandort der Sonderschau nimmt die historische Entwicklung im vierten und fünften Jahrhundert in den Blick. „Die einzelnen Räume sind farblich wie eine untergehende Sonne gestaltet“, sagt Museumsdirektor Marcus Reuter. „Bis am Ende im ganz schwarzen Raum dann die Sonne untergegangenen ist.“

Trier im Zeichen des Untergangs
Foto: picture alliance/dpa

Wertvolle Leihgaben reisten an

Top-Leihgeber haben Objekte angeliefert. Darunter der Marmor-Kopf einer Aphrodite aus dem Archäologischen Nationalmuseum Athen, der Torso einer purpurfarbenen Porphyr-Kaiserstatue aus Ravenna, Mosaike aus Nordafrika oder ein Löwenköpfchen aus Bergkristall aus dem Mittelaltermuseum in Paris. „Das wird normalerweise gar nicht ausgeliehen“, sagt Reuter. Anderes kommt aus dem Louvre, dem British Museum in London, aus deutschen und rheinland-pfälzischen Häusern – und eigenen Beständen. „Das ist ganz großes Kino“, meint Reuter.

Noch ist es hell, als die Schau eine Bestandsaufnahme des Römischen Reiches um das Jahr 350 zeigt. Da gab es vier Kaiser, die sich immer wieder neue Residenzen suchten – und viel Wert auf die Loyalität ihrer Beamten und Generäle legten. „Man versuchte sie mit Geschenken wie Silberplatten oder Goldfibeln bei der Stange zu halten“, sagt Reuter und zeigt auf ein aufwendiges Diatret-Glasgefäß, von dem es weltweit gerade mal sechs Stück gibt.

Trier im Zeichen des Untergangs
Foto: picture alliance/dpa

Die Germanen machen Ärger

Doch dann ziehen Schatten auf: Nicht nur die Kaiser bekriegen sich, auch Generäle putschen gegen ihre eigenen Kaiser. Und Germanen, die plötzlich auch in der römischen Armee Karriere machen können, sorgen für neue Machtstrukturen. Schließlich kommt es zu Bürgerkriegen: „Das Reich zerfleischt sich zusehends selbst. Das schwächt die römische Armee“, sagt Reuter. Hinzu kommen auch immer mehr Attacken von Völkern von außerhalb – inklusive Plünderungen.

Im orangefarbenen Raum zeigt eine Multimediastation eindrucksvoll über einen Zeitstrahl, wie es im weströmischen Reich immer mehr Kriege gab. „Ab dem Jahr 400 geht es im Westen wirklich bergab“, sagt Reuter. Dunkelrot ist es, als Rom geplündert wird. Besucher hören Feuerknistern und Pferdewiehern vor einem projizierten Flammenmeer. In der Vitrine liegen verschmolzene Münzklumpen, die jüngst auf um 410 datiert wurden und weltweit erstmals zu sehen sind. Und am Ende der 14 Räume – das weströmische Reich zerfällt – steht ein großer schwarzer leerer Thron.

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Eindeutige Antwort bleibt aus

Für den Archäologen ist klar: Die innerrömischen Bürgerkriege plus wiederholte Angriffe von germanischen Völkern an verschiedenen Ecken des Reiches sind die beiden Hauptfaktoren für das Ende des Reiches. „Eine eindeutige Antwort wird es aber nie geben.“ Andere Theorien zum Niedergang wie Klimawandel oder Bleivergiftung seien wenig wahrscheinlich. Insgesamt gebe es mehr als 700 Theorien, wieso das Imperium Romanum im Westen niedergegangen ist.

Neben dem Rheinischen Landesmuseum sind das Stadtmuseum Simeonstift Trier und das Museum am Dom bei dem Gemeinschaftsprojekt von Land, Stadt und Bistum dabei. Das Budget beläuft sich auf insgesamt 5,7 Millionen Euro, das Land ist daran mit dem Gutteil von 3,7 Millionen Euro beteiligt.

Das Stadtmuseum Simeonstift Trier beleuchtet unter dem Titel „Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst“, wie der Niedergang des Römischen Reiches später in der Kunst- und Kulturgeschichte gesehen wurde. Das Museum am Dom legt den Fokus auf die Anfänge des Christentums bis ins 7. Jahrhundert.

Das Interesse ist groß

Nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) zählt die Sonderschau zu den Top-Ausstellungen des Jahres in Deutschland. Das merke man bereits an den 700 gebuchten Gruppenführungen. Sie stoße aber auch im Ausland beim Fachpublikum auf großes Interesse. Man hoffe, dass Corona keinen Strich durch die Rechnung mache. Daher rechne man vorsichtig mit mindestens 100 000 Besuchern.

Trier im Zeichen des Untergangs
Foto: picture alliance/dpa

Trier ist nicht nur nach Ansicht der Macher ein sehr gut geeigneter Ort für diese Ausstellung: Die Stadt war einst größte Römermetropole nördlich der Alpen – und in der Spätantike haben dort neun römische Kaiser residiert. „Rheinland-Pfalz ist stolz darauf, mit der Landesausstellung eines der kulturellen Highlights des Jahres 2022 bieten zu können“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zur Eröffnung.

Wegen seines römischen Erbes hat sich Trier in den vergangenen Jahren als Standort für große Ausstellungen zur römischen Antike profiliert. 2007 zog eine Sonderschau über Kaiser „Konstantin den Großen“ Zigtausende Besucher an, 2016 gab es eine gleichfalls viel beachtete Schau zum römischen Kaiser Nero.

Ausstellungsbesuch
Die Ausstellung ist von dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr für Einzelgäste geöffnet. Geführte Gruppen haben von 9 bis 18 Uhr Zutritt. Kombitickets für alle drei Museen kosten 22 Euro für Erwachsene, ermäßigt für Schüler, Studenten und Auszubildende 19 Euro. Tickets für einzelne Museen schwanken regulär zwischen 8 und 14 Euro. Infos online gibt es hier.