Kassel

Vom Fell der Zwerge und Riesen – Bundes-Kaninchenschau in Kassel

23.000 Kaninchen bevölkern am Wochenende die Messehallen in Kassel. Tausende Züchter präsentieren ihre Tiere, die besten Kaninchen Deutschlands werden ausgezeichnet. Außer um den Nachwuchs der Tiere sorgen sich die Kaninchenzüchter aber auch um den eigenen.

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Von Timo Lindemann (dpa)

Bundeskaninchenschau in Kassel

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Fast schon zärtlich pustet Patrick Elting in das braune, flauschige Fell. Doch er hat nur eines im Sinn: Wie gut ist das Kaninchenfell und wie viele Punkte bringt es? „Es gibt über 80 Kriterien“, sagt der 33-Jährige. Elting ist einer von rund 250 Preisrichtern bei der Bundes-Kaninchenschau, dessen 32. Ausgabe in diesem Jahr in Kassel stattfindet.

Bevor am Wochenende (19. und 20. Dezember) Zehntausende Züchter, Interessierte oder Eltern mit ihren Kindern in die Messehallen kommen, um zu schauen, zu kaufen oder zu verkaufen, werden alle gut 23.000 Kaninchen bewertet. Rund 4000 Züchter aus dem gesamten Bundesgebiet haben ihre Tiere kurz vor Weihnachten nach Kassel gebracht. Als Besucher werden auch Züchter aus dem Ausland erwartet.

Noch nie hat ein Kaninchen die volle Punktzahl erreicht

Doch zunächst geht es um Gewicht, Körperform, Fellfarbe und -zeichnung. Die Maximalpunktzahl von 100 habe noch nie ein Tier erreicht, sagt Wolfgang Elias vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK). „Auch kein Mensch ist perfekt.“ Der Verband hat bundesweit rund 130.000 Mitglieder, bis zu 40.000 davon sind aktive Züchter.

An einem Quadrat aus Tischen bewerten gleich mehrere Preisrichter die Tiere. Im Hintergrund stehen in langen Reihen tausende Gitterkästen mit Tieren. Ein Notbehelf für die Schau, normalerweise hätten die Tiere mehr Platz, betont Elias. Darauf weist auch die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin hin. „Man weiß viel über die Kaninchenzüchtung. Leider werden die Tiere bei einigen immer noch in engen Käfigen gehalten. Jeder, der ein Kaninchen kaufen will, sollte darauf achten, wenn er beim Züchter ist“, rät die Tierschutz-Expertin.

In der Messehalle bringt ein Helfer, der sogenannte Zuträger, die Tiere zum Preisrichter und nach der Begutachtung zurück in ihren Stall. „Eine schöne Ohrenstellung, ein elastisches Fell“, urteilt Elting über das braune Lohkaninchen vor ihm. Die Zähne des Tieres werden ebenso begutachtet wie die Unterseite. Elting addiert die Punkte auf einer Karte. 97,0 – eine ausgezeichnete Wertung. Nach rund zwei Minuten ist das nächste dran.

Elting ist eigentlich Werkstattsteuerer in der Metallindustrie, seine Leidenschaft ist aber die Zucht der Schlappohren. „Ich bin mit sechs Jahren durch meinen Großvater dazu gekommen“, erzählt er. Mittlerweile hat er je nach Jahreszeit zwischen 20 und 80 Tiere zu Hause. „Meine Tochter mit drei Jahren möchte auch schon mit in den Stall“, sagt er. Und wenn er als Preisrichter unterwegs ist, muss seine Frau die Tiere versorgen.

Nachwuchssorgen

Diese Idealkonstellation gebe es immer seltener, sagt Elias vom ZDRK. „Der demografische Wandel schlägt bei uns voll durch. Bei der Feuerwehr oder beim Tennis kann ich sagen, ich hab heute keine Lust. Das geht bei uns nicht“, sagt er. Mit Marketingkampagnen in den lokalen Vereinen, aber auch mit einer extra Jugendwertung bei der Bundes-Kaninchenschau versucht der Verband, den Nachwuchs für das Hobby zu begeistern. „Sehr beliebt ist derzeit das Kanin-Hopp, wo Tiere in einem Parkour über Hindernisse springen“, sagt Elias. Zudem sei vielen Eltern gar nicht bewusst, dass es gut für Kinder sein könne, schon früh Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen.

Die besten Tiere werden für bis zu 250 Euro gehandelt, das sei die Höchstgrenze, erzählt Elias. Bei der Schau sind viele Rassen zu sehen, vom beliebten Zwerg- bis zum Riesenkaninchen, vom ganz schwarzen über geflecktes bis hin zum fast schafähnlichen Fell. Außerdem werden Neuzüchtungsversuche und die Rasse des Jahres 2015, das Deilenaar-Kaninchen, gezeigt.

Elting arbeitet wie alle Preisrichter, Helfer und Organisatoren ehrenamtlich. „Man opfert seine Freizeit oder nimmt Urlaub“, sagt er. Insgesamt kostet ihn sein Hobby pro Jahr 3000 bis 5000 Euro. Das Geld geht für besonderes Futter, aber auch für Fahrten zu Ausstellungen oder Hotelübernachtungen drauf. Bei erfolgreichen Züchtern könne sich das aber wieder etwa ausgleichen. „Reich wird man dabei nicht.“