Stille Konzerte im Trend: Kopfhörer statt Boxen

Stille Konzerte im Trend: Kopfhörer statt Boxen
Mit Kopfhörern verfolgen Besucher beim "Silent Concert" in Köln die elektronische Musik des Künstlers Oval. Bei dem Konzert im Rahmen der c/ o Pop wurde die Musik per Funk an die Kopfhörer der Besucher übertragen. Foto: dpa

Kopfhörer-Konzerte erfreuen sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit – so auch beim Kölner Musikfestival c/o pop. Dort gab am Sonntagabend der Berliner Elektronik-Musiker Oval sein erstes Silent Concert.

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Köln – Kopfhörer-Konzerte erfreuen sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit – so auch beim Kölner Musikfestival c/o pop. Dort gab am Sonntagabend der Berliner Elektronik-Musiker Oval sein erstes Silent Concert.

Mit Kopfhörern verfolgen Besucher beim „Silent Concert“ in der Kirche St. Michael in Köln die elektronische Musik des Künstlers Oval. Bei dem Konzert im Rahmen der c/o Pop wurde die Musik per Funk an die Kopfhörer der Besucher übertragen.

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Den Besuchern des Abschlusskonzerts des Kölner Musikfestivals c/o pop bot sich am Sonntagabend ein merkwürdiges Bild: Rund 200 Musik-Fans hatten sich mit großen Kopfhörern auf den Ohren in nahezu völliger Stille in der Kölner Kirche St. Michael versammelt. Der Grund: Der Berliner Elektronikkünstler Oval hatte erstmals zu seinem ersten Silent Concert geladen, einem Konzert, bei dem die Musik über Funk-Kopfhörer statt wie herkömmlich über Lautsprecher übertragen wird.

Fast wie eine kirchliche Andacht mutete die Szenerie des ungewöhnlichen Auftritts an: Von großen Kerzen ins rechte Licht gesetzt und an einem altarähnlichen Tisch stehend, zauberte der Berliner Markus Popp, der sich unter dem Namen Oval einen Namen als Pionier der experimentellen Elektro- und Ambient-Musik gemacht hat, ungewöhnliche Sounds aus seinem Laptop hervor. Die Zuhörer lauschten konzentriert zuhörend, fast in sich versunken auf Kirchenbänken sitzend dem allein über Kopfhörer übertragenen, rund neunzigminütigen Konzert.

„Die Kopfhörerkonzerte erzeugen neue Klangerlebnisse und machen zudem Orte bespielbar, an denen sonst keine Konzerte möglich wären“, erklärt Norbert Oberhaus, Leiter der c/o pop, den in Deutschland zunehmend in Mode kommenden Konzert-Trend. Ganz neu ist die Idee allerdings nicht: In England werden bereits seit mehreren Jahren mit Erfolg Kopfhörer-Events veranstaltet. Die neue Art der Übertragung macht es möglich, die Nächte durchzufeiern, ohne auf Lärmschutzauflagen achten zu müssen.

In den deutschen Clubs hat der Trend zur stillen Party erst in den vergangenen zwei Jahren an Fahrt aufgenommen. 2009 veranstaltete der Kopfhörer-Hersteller Sennheiser die ersten Kopfhörer-Events in deutschen Clubs, mittlerweile stößt das neue Veranstaltungs-Konzept auf großen Zuspruch. „Die Silent Noise-Events sind stets ausverkauft und werden vom Publikum mit hoher Begeisterung aufgenommen“, sagt Sennheiser-Marketingdirektor Torsten Stapel. So werden in diesem Jahr unter anderem auch beim Modular Festival in Augsburg und beim Musikfestival Bootboohook in Hannover sogenannte Silent Discos zu erleben sein.

Auch bei den Besuchern der c/o pop ruft das Konzept weitgehend Zustimmung hervor – nur ein paar einzelne Besucher verlassen bereits nach wenigen Minuten irritiert das Konzert. „Zunächst konnte ich mir ein über Kopfhörer übertragenes Konzert nicht vorstellen“, sagt eine 32-jährige Besucherin aus Köln. „Doch die intime Situation hat mir geholfen, mich besser auf die ja nicht sofort zugängliche Musik von Oval einzulassen.“

Das Hör-Erlebnis ist allerdings ein komplett anderes als bei herkömmlichen Konzerten. Der typische Druck des Live-Sounds fehlt, dafür sind klangliche Feinheiten, wie sie gerade bei einem Musiker wie Oval besonders auffallen, besser wahrzunehmen. Auch scheinen die Zuhörer weniger verbunden – der sonst bei Konzerten übliche Applaus zwischen den Stücken fällt am Sonntagabend aus. Nur ab und an setzen die Zuhörer die Kopfhörer ab und unterhalten sich im Flüsterton mit ihren Nachbarn.

Interessant ist die Möglichkeit, auf mehreren Kanälen parallel unterschiedliche Musik anzubieten. Dies wird insbesondere bei den Silent Discos genutzt: Partygäste können hier häufig zwischen verschiedenen DJs und Musikangeboten wählen – und so auch mit Freunden gemeinsam feiern, die eine andere Musik bevorzugen.