Frankfurt

Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ist tot

Marcel Reich-Ranicki
Marcel Reich-Ranicki am 27. Januar 2012 im Bundestag in Berlin. Foto: dpa

Er war der große Literaturkritiker der deutschen Nachkriegsliteratur. Am Mittwoch ist Marcel Reich-Ranicki im Alter von 93 Jahren gestorben.

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Es steckt so etwas wie Ironie darin, vielleicht hätte Marcel Reich-Ranicki gekichert oder sich auch echauffiert. Auf Twitter, sicher für den Feingeist trotz Perlen kein Ort, auf dem er sich sprachlich wohlgefühlt hätte, vermeldete FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher seinen Tod – und die Nachricht verbreitet sich sofort rasend. Deutschlands größter Literaturkritiker ist mit 93 Jahren gestorben. Der Hessische Rundfunk bestätigte die Nachricht. „Wir trauern alle“, schob Schirrmacher in einem weiteren Tweet hinterher.

Nachdem er sich als Autor in der „Welt“ und der „Zeit“ einen Ruf als scharfzüngiger Literaturkritiker erworben hatte, wurde der 1920 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geborene Reich-Ranicki 1973 Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Im ZDF war er Gastgeber der Fernsehsendung „Das literarische Quartett“.

Kultstatus weit über die Literaturszene hinaus hatte Reich-Ranicki erlangt, als er den Deutschen Fernsehpreis ablehnte – nach dem „Blödsinn, den wir hier heute Abend zu sehen bekommen haben“.

Als er am 27. Januar 2012 der Redner bei der Gedenkstunde des Deutschen Bundestags zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus war, wurde seine Ansprache danach zur Rede des Jahres gekürt. Er schilderte eindrucksvoll, wie er im Warschauer Ghetto den ersten Tag der Deportationen ins Vernichtungslager Treblinka als Übersetzer des „Judenrats“ erlebte.

Im März hatte Reich-Ranicki bekanntgegeben, an Krebs erkrankt zu sein.