Mainz

Jubiläum: „Report Mainz“ soll noch tiefer bohren

Für Fritz Frey, Chefredakteur SWR Fernsehen und Moderator von „Report Mainz“, ist investigativer Journalismus heute wichtiger denn je. Zum 50. Geburtstag seines Politmagazins gibt es eine Sondersendung.
Für Fritz Frey, Chefredakteur SWR Fernsehen und Moderator von „Report Mainz“, ist investigativer Journalismus heute wichtiger denn je. Zum 50. Geburtstag seines Politmagazins gibt es eine Sondersendung. Foto: SWR

50 Jahre alt wird das Aushängeschild des investigativen Journalismus im SWR, am Dienstag geht die Jubiläumssendung über den Bildschirm. Mehr als 700 Sendungen, fast 3000 investigative Recherchen – „Report“ widmete sich den Geschichten hinter den Nachrichten, hakte nach. Immer wieder deckten die Reporter im Zeichen des Fuchses gravierende Missstände auf: Da tauchten G36-Sturmgewehre von Heckler & Koch bei Polizeieinheiten in Mexiko auf und radioaktive Altlasten im Nordatlantik.

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Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

Illegaler Waffendeal von Heckler & Koch, grausame Robbenjagd oder das System Wiesenhof-Hähnchen – es war „Report Mainz“, das politische Magazin des Südwestrundfunks (SWR), das diese Themen aufdeckte und publik machte. Die investigativen Formate im Fernsehen, sie sind eine Erfindung der 1960er-Jahre, die Idee einer kritischen Politikbegleitung stammt von der britischen BBC. Doch gerade in Zeiten hochtouriger Aktualität brauche es die investigativen Hintergrundformate „mehr denn je“, sagt SWR-Chefredakteur und Moderator der Sendung, Fritz Frey.

2005 machte „Report“ den ersten Gammelfleischskandal publik, 2010 Tierquälereien beim Hähnchen-Großproduzenten Wiesenhof. Die Reportage „Das System Wiesenhof“ wurde 2012 mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet, eine von zahlreichen Auszeichnungen für „Report“. Einer der Höhepunkte: 2013 verhalf „Report“ dem zwangspsychiatrisierten Gustl Mollath wieder zur Freiheit. Und zuletzt deckte „Report“ auf, wie auch Westkonzerne von Zwangsarbeitern in der DDR profitierten und wie in deutschen Fabriken gerade geborene Ferkel brutal getötet werden.

So politisch war „Report Mainz“ nicht immer: In den Anfangsjahren kümmerte man sich schon mal um die Sexualaufklärung der Deutschen, um fliegende Untertassen oder die Sicherheit von Reisebussen – oder „die neue Gefahr“ durch Skateboards 1977. Gravierender waren da schon die Berichte über die Verbrechen der deutschen Wehrmacht, die „Report“ 1980 als erste aufdeckte, oder über die blutige Robbenjagd in Kanada 1983.

„Das Robben-Thema war damals über Tage und Wochen in den Schlagzeilen und Köpfen“, erinnert sich Frey, doch das sei auch eine Zeit gewesen, in der es nur drei Fernsehsender gab. Heute sei es schwieriger geworden durchzudringen: Themen wie Wiesenhof oder Mollath habe der Zuschauer durchaus im Kopf, „aber sie wissen nicht unbedingt, dass das ,Report' war“. Nicht immer gelinge natürlich bei Geschichten der „Riesenknalleffekt“, doch Anspruch von „Report“ sei bis heute, Missstände in der Gesellschaft aufzudecken.

Auch die Versprechen von Politikern nimmt das Magazin gern unter die Lupe: „Wir sind es, die nach einem Jahr oder zwei noch mal darauf schauen und fragen: Was ist daraus geworden?“, sagt Frey – so etwa in der Bayerischen Verwandtenaffäre. Doch auch die Politiker seien professioneller geworden: „Es gibt so etwas wie eine politische Duldungsstarre, man wartet erst mal, rutscht das Thema durch“, verrät Frey: „Da entstehen bisweilen oft Brieffreundschaften zwischen Pressestellen und Journalisten.“

Juristische Auseinandersetzungen seien heute „eine ständige Begleitmusik“, verklagt zu werden, gehöre zum Geschäft, sagt der Chefredakteur. Politische Einflussnahme aber gebe es nicht, betont Frey, auch rufe die Kanzlerin nicht regelmäßig bei „Report“ an, wie es Kritiker gern argwöhnen. Ja, die Pressefreiheit sehe er heute stärker unter Druck, bedauert Frey – aber durch Akteure von den politischen Rändern wie Pegida.

„Es braucht heute umso dringender die Formate, die den Hintergrund zur Aktualität liefern und die Themen tiefer ausloten“, sagt Frey. „Report“ soll deshalb noch mehr zum Recherchemotor für den gesamten SWR werden, ein Recherchepool, aus dem noch häufiger eigene Dokumentationen für alle Bereiche entstehen sollen. Zur Jubiläumssendung (26. April, 21.45 Uhr, ARD) gibt es nun erst einmal ein neues Studio – und ganz viel Nachgehakt: Mollath, G36 und die DDR-Zwangsarbeiter sind erneut Themen im Zeichen des Fuchses.