Die junge Seite der Festspiele: Jugend auf und vor der Bühne

Verstaubt, intellektuell, lebensfremd: Solchen Vorurteilen treten die Salzburger Festspiele mit speziellen Jugendprogrammen entgegen. Den Nachwuchs sucht das Festival dabei sowohl unter den Künstlern als auch unter den Zuschauern.

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Verstaubt, intellektuell, lebensfremd: Solchen Vorurteilen treten die Salzburger Festspiele mit speziellen Jugendprogrammen entgegen. Den Nachwuchs sucht das Festival dabei sowohl unter den Künstlern als auch unter den Zuschauern.

Salzburg (dpa) – Vielleicht waren die Hühner schuld: Lebensechtes Federvieh bevölkerte die Bühne in Alvis Hermanis' amüsanter Sowjet-Satire „Revizor“ und begeisterte das Publikum. Mit der Produktion gewann der lettische Regisseur 2003 den ersten Young Directors Award bei den Salzburger Festspielen. Inzwischen zu einer festen Größe im internationalen Theaterbetrieb geworden, ist Hermanis ein Glücksfall für die Salzburger Festspiele, den sie gerne als Paradebeispiel präsentieren.

Denn der steile Aufstieg des Theatermachers mit der originellen Handschrift passt gut in ein noch recht junges Konzept des Festivals, das die Förderung des Nachwuchses zum Ziel hat. „Unsere Intention ist, Stars nicht nur zu präsentieren, sondern Stars zu machen“, beschreibt es Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler. Mit-Erfinder des Nachwuchsprojektes im Regiefach war Jürgen Flimm, der für das Projekt den Edelfeder-Hersteller Montblanc als potenten Sponsor ans Land ziehen konnte.

Mittlerweile weiteten die Festspiele das Nachwuchs-Projekt zur zugkräftigen Marke aus, jeweils in Verbindung mit einem der Großsponsoren: Talentwettbewerbe unter dem Titel „Young“ locken nun auch hoffnungsfrohe Anwärter in den Fächern Gesang und Dirigieren an die Salzach. Als Belohnung locken nicht nur Geldsummen, sondern vor allem der eigene Name in Verbindung mit Auftritten bei den Festspielen – eine Eintrittskarte ins künstlerische Establishment.

Doch auch auf der Zuschauerseite haben sich die Festspiele ein Verjüngungsprogramm verordnet. 3000 Karten zu allen Bereichen werden für Jugend-Abos reserviert – und als „jung“ gilt hier, wer noch nicht 27 Jahre alt ist. An die ganz Jungen wendet sich ein Projekt zwischen gehobenem Pfadfinderlager und Konservatorium: In „Musikcamps“ sollen Neun- bis Sechzehnjährige gemeinsam mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker selbst Operninszenierungen erarbeiten. Mit 410 Euro sind ambitionierte Jugendliche dabei.

Intellektueller ist der Zuschnitt im Programm „Youth! Arts! Science!“, bei dem hundert Studenten aus allen Richtungen, von Naturwissenschaften bis Musik und Kunst, die Gemeinsamkeiten von Kreativität und Innovation in Wissenschaft und Musik erforschen sollen.

Ohne Forschungsprojekt, dafür mit einer neuen Inszenierung kommt im Sommer 2012 Alvis Hermanis, der Sieger der Jugendprogramme der ersten Stunde, nach Salzburg zurück: In der Felsenreitschule wird er Bernd Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ inszenieren. Ob Hermanis wieder Hühner mitbringen wird, hat er noch nicht verraten.

Von Irmgard Rieger, dpa