Zypern: Vier mögliche Szenarien für die Zukunft des Inselstaats

Zypern kämpft verzweifelt gegen den drohenden Staatsbankrott: Nach der Ablehnung einer Zwangsabgabe auf Sparguthaben im Parlament fordern die Euro-Partner von Nikosia Alternativlösungen, um den geplanten Eigenanteil an der Sanierung aufzubringen.

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Ansonsten wollen sie die benötigten Rettungshilfen von bis zu 10 Milliarden Euro nicht freigeben. Wir fassen vier Szenarien zusammen, wie es weitergehen könnte:

(1) Zypern findet Plan B:

Auch die Kirche hat dem zyprischen Staat Hilfe angeboten: Erzbischof Chrysostomos will Kirchen und Klöster zur Verfügung stellen.
Auch die Kirche hat dem zyprischen Staat Hilfe angeboten: Erzbischof Chrysostomos will Kirchen und Klöster zur Verfügung stellen.
Foto: DPA

Zypern präsentiert der Euro-Gruppe einen Plan B, um die Voraussetzungen für das Rettungspaket auf anderen Wegen als durch die im Parlament gescheiterte Zwangsabgabe zu erfüllen. Die internationalen Geldgeber verlangen einen Eigenbeitrag Nikosias zur Sanierung von knapp 6 Milliarden Euro. Im Gegenzug wollen sie Notkredite von bis zu 10 Milliarden Euro gewähren. Nikosia könnte etwa Guthaben bis 100 000 Euro – dem Niveau der europaweiten Einlagensicherung – unbelastet lassen. Dafür müssten dann Inhaber größerer Guthaben stärker bluten.

Die Regierung scheut das bisher, will ihren Ruf als attraktive Steueroase für ausländische Investoren – insbesondere reiche Russen – nicht riskieren. Zudem ist fraglich, wie viel Geld so zusammenkommen würde. Denn viele Oligarchen haben ihr Geld längst außer Landes gebracht – oder auf mehrere Konten mit Beträgen unter 100 000 Euro verteilt. Zypern könnte sich aber auch entscheiden, seinen eigenen Beitrag auf einem anderen Wege aufzubringen – etwa durch zusätzliche Privatisierungen oder Steuererhöhungen.

Die Regierung in Nikosia soll zudem darüber nachdenken, die Rentenkasse anzuzapfen. Auch der Verkauf von Ausbeutungsrechten für große Rohstoffvorkommen wäre denkbar. Die zyprische Kirche hat dem Staat zur Überwindung der Krise unterdessen bereits ihr gesamtes Geld angeboten. „Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung des Landes alles zur Verfügung stellen“, erklärte der zyprische Erzbischof Chrysostomos nach einem Treffen mit Zyperns Staatspräsidenten Nikos Anastasiades.

(2) Die Euro-Gruppe gibt nach:

Der Eigenbeitrag Zyperns zur Sanierung wird verringert. Das heißt: Die internationalen Geldgeber sind zu höheren Hilfszahlungen mit langen Laufzeiten und niedrigen Zinsen bereit, akzeptieren einen Aufschub beim Ziel für den Abbau des Schuldenbergs. Das Problem: Dies wäre politisch heikel.

Vor allem riskieren die Europäer dann, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) aussteigt. Denn ein größeres Hilfspaket ließe die Staatsschuld der Mini- Insel, deren Wirtschaftsleistung nur 19 Milliarden Euro beträgt, sofort in untragbare Höhen steigen. Die Schuldentragfähigkeit ist aber eine Vorbedingung für die IWF-Beteiligung. Und die sieht der Fonds nur bis zu einem Hilfsvolumen von 10 Milliarden Euro gewährleistet.

Steigt der IWF aus, müssten die Euro- Staaten ihren Steuerzahlern entsprechend höhere Lasten aufbürden, was im Bundestag kaum durchzubringen sein dürfte.

(3) Russland als Retter:

Russland hilft Zypern aus der Patsche. „Das wäre eine Bankrotterklärung der EU“, heißt es zu diesem Szenario in Brüssel. Der Kreml hat der hoch verschuldeten Insel bereits einen Kredit über 2,5 Milliarden Euro gewährt. Die zyprische Regierung hat um eine Verlängerung des Darlehens bis 2021 sowie einen Zinsnachlass gebeten. Allerdings reicht das nicht aus. Spätestens im Juni, wenn eine Milliardenanleihe fällig wird, braucht das Land noch mehr Geld.

(4) Zypern rutscht in die Pleite:

Zypern liefert keinen Eigenbeitrag zur Sanierung. Die Euro-Partner verweigern ein Rettungspaket. Die Europäische Zentralbank untersagt der zyprischen Notenbank, die Geldinstitute weiter mit Liquiditäts-Nothilfen über Wasser zu halten. Die Bank of Cyprus und die Cyprus Popular Bank sind sofort am Ende. Die Geldinstitute brechen zusammen, reißen den Staat in den Bankrott. Zypern steuert auf einen Austritt aus der Euro-Zone und die Einführung einer eigenen Währung zu.

Dies ist das riskanteste Szenario. Zypern steht nur für 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der Euro-Zone. Rein wirtschaftlich wäre ein Bankrott verkraftbar. Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft aus Köln meint: „Ein Bankrott Zyperns ist nicht ungefährlich, aber man kann ihn riskieren.“ Diese Meinung teilen nicht alle. Die Angst vor unkontrollierbaren Ansteckungsgefahren bleibt groß. Denn es geht um Vertrauen: Bei Griechenland haben die Euro-Länder geschworen, die Währungsunion um jeden Preis zusammenzuhalten und kein Land fallen zu lassen.

Tun sie es nun mit Zypern doch, könnte das die Schuldenkrise anheizen und die Finanzmärkte in Panik versetzen.

Anja Ingenrieth