YouTube-Stars (4): HerrTutorial – Der Ratgeber ohne Kosmetikphobie

Er nennt sich HerrTutorial. Der Begriff „Tutorial“ kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Anleitung, Seminar, Lernübung. Der 23-jährige Sami Slimani aus Stuttgart sieht sich selbst als Ratgeber für alles, hauptsächlich jedoch: Mode, Kosmetik, Körperpflege und „Lifestyle“. Seine guten Ratschläge sind auf YouTube so erfolgreich, dass er Tutorial-Videos zu seinem Beruf gemacht hat.

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Slimanis Videos laufen meist nach demselben Schema ab: er sitzt auf dem Boden seines Schlafzimmers, schaut frontal in die Kamera und plappert drauflos, etwa 10 Minuten lang. Er redet so, als würde er seinem besten Freund Ratschläge erteilen – untermalt mit seinem breitesten Zahnpastagrinsen. Von Slimani erfährt der Zuschauer, dass man für gesund aussehende, pralle Haut viel Wasser trinken muss. Man lernt, was beste Mittel gegen Schüchternheit und Aufregung vor einem Rendezvous ist: Kaugummikauen. Ach ja, und „Seid einfach ihr selbst!“

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Video: Extremes Pickelgesicht – in 5 Minuten zur perfekten Haut! Wenn HerrTutorial Tipps gegen Hautunreinheiten gibt, reinigt, cremt und peelt er sein Gesicht vor der Kamera. „Das hier benutze ich, um meine Poren zu öffnen und um ... ähm, ja, um danach mit meiner Haut weiterzuarbeiten“, sagt Slimani und hält eine froschgrüne Tube eines US-Kosmetikprodukts vor in die Linse.

Kosmetikfirmen haben das Portenzial von YouTubern wie HerrTutorial erkannt. Slimani ist Werbefigur, sein Gesicht ist sein Arbeitsgerät. Er bekommt kostenlos Produkte zugeschickt, die er testen, erwähnen, bewerben soll. Tuben, Tiegel und Töpfchen, die Slimani in die Linse hält, sind meist kurz nach Erscheinen des Videos ausverkauft. Freudig berichtet er von den vielen Promotionsveranstaltungen zu denen er eingeladen wird – zuletzt war es die Party eines Parfumherstellers. Slimani wurde von dem Unternehmen extra mit einem feinen Anzug ausgestattet und schlief auf Firmenkosten in einem Luxushotel. „Sehr sauber, weiß und angenehm“, bewertet Slimani sein Zimmer.

Doch zurück zu den Tutorial-Videos: Richtig unterhaltsam wird es, wenn HerrTutorial sich in seinen Videos für eine Kussanleitung zwei Finger vors Gesicht hält, als Ersatz für die Lippen eines Mädchens. „Niemand will, dass ihr euren Mund aufreißt oder ihre Lippen aufesst – und zuviel sabbern ist auch nicht gut“, rät er den meist jugendlichen Zuschauern, zieht die Augenbrauen hoch und kichert dabei. Slimani lacht viel in seinen Videos, auch über sich selbst. Und er hat keine Angst davor, tief in die Kosmetiktasche zu greifen und seinen Geschlechtsgenossen die Grundlagen eines gepflegten Äußeren nahezubringen.

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Video: Drei DIY-gesunde Essens-Ideen für die Schule/Arbeit/Zuhause. DIY steht für „Do It Yourself“. Slimani zeigt Snacks zum Selbermachen. Das altmodische Wort dafür wäre wohl „Rezept“, das klingt aber nicht ganz so trendig, jung und vor allem: Englisch. Wer die Videos von HerrTutorial anschaut, kann sein eingerostetes Schul-Englisch gleich noch auffrischen.

In einigen Videos liegt Slimanis Perserkatze Tapsi faul im Hintergrund. Hin und wieder holt er sie zu sich auf den Schoß, vor die Kamera. Niedliche Tiere sind ein Publikumsmagnet, die verzückten „Wie süüüüüüß!!!“-Kommentare unter den Videos beweisen es. Slimani gibt viel von sich preis, erzählt Anekdoten aus seinem Privatleben, berichtet von seiner Vergangenheit. Er zeigt Kindheitsfotos, auf denen er dick und pickelig ist. Er erzählt, dass er früher eine Zahnspange tragen musste, wie schwer seine Schulzeit für ihn war und dass er gemobbt wurde. Umso größer erscheint jetzt sein Erfolg. Er hat etwas aus sich gemacht und betont immer wieder: „Das könnt ihr auch!“ Slimani strahlt dabei übers ganze Gesicht, seine Stimme überschlägt sich fast.

Das Konzept „der Junge von nebenan, der seinen Freunden Tipps gibt“ hat Erfolg: Knapp 750.000 Nutzer haben den Kanal HerrTutorial abonniert, 91 Millionen Mal wurden seine 318 Videos angesehen. Dass das viel Geld bringt, verschweigt Slimani nicht. Erfolgreiche YouTube-Künstler werden an Werbeanzeigen und -Spots beteiligt, die das Videoportal vor den eigentlichen Clips laufen lässt. Wie viel genau das Phänomen HerrTutorial einbringt, darf Slimani nicht sagen. Die Verschwiegenheitsklausel ist Teil des Vertrags, den er mit YouTube eingegangen ist. Nur soviel: Es reicht offensichtlich für eine neue Mercedes-Limousine, die er seinen Zuschauern stolz in einem Video präsentiert. Volksnah, wie er sich gibt, fragt er immer, sogar nach seinem Autokauf, die Zuschauer nach ihrer Meinung: „Daumen hoch, wenn's es euch gefallen hat, und schreibt doch in den Kommentaren, was ihr darüber denkt.“

Von unserer Mitarbeiterin Anna Aridzanjan