Wut der Islamisten findet neue Ziele

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Addis Abeba/Berlin – Schwarzer Rauch steigt über der deutschen Botschaft in Khartum auf. Nach Tod und Verwüstung vor Vertretungen der USA erreichen die Proteste gegen das islamfeindliche Video „Innocence of Muslims“ erstmals auch eine deutsche Auslandsvertretung.

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Addis Abeba/Berlin – Schwarzer Rauch steigt über der deutschen Botschaft in Khartum auf.

Nach Tod und Verwüstung vor Vertretungen der USA erreichen die Proteste gegen das islamfeindliche Video „Innocence of Muslims“ erstmals auch eine deutsche Auslandsvertretung. Tausende in Weiß gekleidete Muslime stürmen die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt und zerreißen die schwarz-rot-goldene Flagge.

Die Regierung des umstrittenen Präsidenten Omar el Baschir hat den zur Wochenmitte bei YouTube aufgetauchten Film heftig kritisiert. Das Video sei eine „aggressive Aktion, um Muslime zu provozieren und ungerechtfertigte Feindseligkeiten zwischen den Gläubigen der verschiedenen Religionen anzuzetteln“, erklärte der Ministerrat. Radikale Islamisten heizten daraufhin die Stimmung an und riefen ihre Landsleute zur Teilnahme an Massenprotesten nach dem Freitagsgebet auf. 70 Prozent aller Sudanesen sind sunnitische Muslime. Ungehört blieben die Forderungen gemäßigter Kräfte, die eine friedliche Demonstration verlangt hatten, wie es in der Zeitung „Sudan Tribune“ hieß. Warum am Freitag Deutschland ins Visier geriet, blieb zunächst unklar. Angeblich sollen in Berlin Mohammed-Cartoons an der Wand einer Moschee aufgetaucht sein, verlautete die wichtigste islamische Behörde des Landes. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass solche Proteste eskalieren – das war schon nach den dänischen Mohammed-Karikaturen im Jahr 2006 so. In Khartum wurden auch die Botschaften Großbritanniens und der USA attackiert. Vor der US-Vertretung eskalierten die Zusammenstöße. Ein Demonstrant kam ums Leben, wie arabische Nachrichtensender berichteten.

Für den deutschen Botschafter Rolf Welberts und seine knapp zwei Dutzend Mitarbeiter sind die Proteste allerdings keine Überraschung. Die Ausschreitungen kamen ja gewissermaßen mit Ankündigung. Die deutsche Vertretung in Khartum hat – wie in anderen islamischen Ländern auch – freitags ihren Ruhetag. Sicherheitshalber bekamen die Mitarbeiter aber zusätzlich noch die Anweisung, auf jeden Fall zu Hause zu bleiben.

Auch Welberts hielt sich dem Büro fern. In Berlin wurde der sudanesische Botschafter ins Auswärtige Amt gebeten. Ihm wurde klargemacht, welche Bedeutung die Bundesregierung dem Schutz ihrer diplomatischen Vertretung beimisst. Das half allerdings nicht viel. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ließ sich pausenlos über das Geschehen in Khartum unterrichten. Am Nachmittag bestätigte er, dass die Botschaft gestürmt und teilweise in Brand gesetzt worden ist. Für die Diplomaten ging es glimpflich aus. Für Sonntag sind neue Proteste angekündigt. Carola Frentzen und Christoph Sator

Ein Video sehen Sie auf www.ku-rz.de/aufstaende