Rheinland-Pfalz

Unser Fleisch: Nicht jeder Bauer im Land hat Schwein

Pferdefleisch in Fertigprodukten, Bioeier, die gar keine sind, und Schimmelpilzgift in der Milch: Kaum eine Woche vergeht ohne neuen Lebensmittelskandal. In zumindest einem der jüngsten Fälle scheint Rheinland- Pfalz jedoch glimpflich davongekommen zu sein: Während in Niedersachsen Tausende Höfe gesperrt wurden, weil die Kühe dort Futter mit dem Schimmelpilzgift Alflatoxin gefressen hatten, waren nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums hierzulande gerade einmal zwei Betriebe betroffen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Einer der Gründe dafür: Es gibt einfach relativ wenige Betriebe im Land, die Rinder, Schweine oder andere Nutztiere halten. Im März 2010, dem Jahr der letzten großen Landwirtschaftszählung, wurden laut Statistischem Landesamt 8100 Vieh haltende Höfe in Rheinland- Pfalz registriert. Ihre Zahl hatte sich damit gegenüber 1999 fast halbiert. Der Anteil der Vieh haltenden Betriebe an der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe lag mit 39 Prozent deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt (72 Prozent).

Zusammen hängt das unter anderem mit einer zunehmenden Spezialisierung. „Anfang der 50er- Jahre hatte noch fast jeder Landwirt Rinder im Stall“, sagt Frieder Zimmermann, Sprecher der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Heute leistet sich das ein Betrieb, der Obst oder Ackerfrüchte anbaut, nicht mehr. Und selbst in den auf Viehhaltung spezialisierten Höfen im Land nehmen die Bestände immer weiter ab. Zwischen November 2011 und November 2012 sank nach Angaben des Statistischen Landesamtes der Schweinebestand um 11,4 Prozent auf 214 800 Tiere.

355 400 Rinder wurden gezählt – und damit 2,1 Prozent weniger als noch im Jahr davor. Gleichzeitig ist die „Fleischeslust“ der Rheinland-Pfälzer nach wie vor groß. Bei einer Umfrage der Techniker Krankenkasse im Land gaben 56 Prozent der Befragten an, dass bei ihnen nahezu täglich Fleisch auf dem Speiseplan steht. Laut Auskunft des Verbraucherschutzministeriums in Mainz deckt Rheinland-Pfalz dabei den Bedarf an Schweine- und Rindfleisch nur zu 17 beziehungsweise 60 Prozent selbst.

Zigtausende Tonnen werden demnach importiert – aus Westfalen, Niedersachsen, Belgien und den Niederlanden. Das Fleisch, das wir essen, stammt also nicht unbedingt aus der Region, in der wir leben. Wenn nicht die geringe Nachfrage, was sind dann die Gründe für die schrumpfenden Bestände im Land? Reimund Möcklinghoff, Referent bei der Landwirtschaftskammer Rheinland- Pfalz, sagt, dass unter anderem die Anforderungen an die Ställe steigen.

„In der Schweinehaltung hat es gerade erst eine Änderung der Halteverordnung gegeben“, erläutert er. Tragende Sauen dürfen seit dem 1. Januar 2013 nicht mehr einzeln, sondern nur noch in Gruppen gehalten werden. Binnen einer Übergangsfrist von sechs Jahren mussten die Bauern ihre Ställe umbauen. Vor allem kleine Betriebe können oder wollen sich solche Umstellungen nicht leisten.

Sie geben auf. Die Betriebe, die sich halten, werden immer größer. Das Phänomen „wachsen oder weichen“ ist auch in der Rinderhaltung zu beobachten, wie das Beispiel der Milchviehhaltung zeigt: Im Jahr 1999 gab es zwar mehr als 4000 Milchviehbetriebe. Nur 71 Höfe hatten aber 100 Kühe und mehr. 2010 war die Zahl der Betriebe insgesamt auf weniger als 2500 gesunken. Die Zahl der Höfe mit mehr als 100 Kühen lag aber bei 223. Letztlich, sagt Möcklinghoff, müssen Aufwand und Ertrag für den Bauern im Verhältnis stehen.

Entsprechend (arbeits-)ökonomisch sind auch die Haltungsverfahren ausgelegt. Den Erhebungen des Statistischen Landesamtes zufolge wird die überwiegende Zahl der Rinder im Land in sogenannten Laufställen gehalten. Die Tiere können sich relativ frei bewegen. Aber auch die Anbindehaltung, bei der jedes Rind fixiert ist, ist in rund einem Viertel der Betriebe noch üblich.

Das ganze Jahr im Stall gehalten werden jedoch die wenigsten Tiere – zumindest laut Selbstauskunft der Landwirte: Etwa zwei Drittel der Milchviehhalter und 77 Prozent der Bauern, die Rinder für die Fleischproduktion halten, gaben bei der Landwirtschaftszählung 2010 an, dass sie ihren Tieren ermöglichen, auf die Weide zu gehen. Anders sieht das bei den Schweinen aus: Weidehaltung funktioniert hier nur mit viel Fläche, denn die Tiere müssen oft umziehen, um die Böden zu schonen.

Die Schweine wälzen die ganze Grasnarbe um, der Kot würde das Grundwasser verunreinigen. Auch aus diesem Grund werden Schweine in Rheinland-Pfalz überwiegend in Ställen gehalten.

Von unserer Redakteurin Angela Kauer