Hannover

Sommerzeit: In Kirchrode wird noch an der Uhr gedreht

Ist es wirklich schon wieder so spät? Am Samstagabend muss Uhrmachermeister Rolf Zurmöhle die Kirchturmuhr von Kirchrode umstellen.
Ist es wirklich schon wieder so spät? Am Samstagabend muss Uhrmachermeister Rolf Zurmöhle die Kirchturmuhr von Kirchrode umstellen. Foto: DPA

Oft geben sie den Takt einer Gemeinde vor: Die Schläge der Kirchturmuhr. Egal ob Winter- oder Sommerzeit, die Uhren müssen genau gehen. Manche laufen schon per Funk, viele müssen von Hand gepflegt werden. Das gilt besonders, wenn die Zeit umgestellt wird.

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Im niedersächsischen Hannover- Kirchrode etwa legt an diesem Wochenende der Uhrmachermeister Rolf Zurmöhle Hand an die Turmuhr der Gemeinde, um sie eine Stunde vorzustellen – aber nicht am frühen Sonntagmorgen, sondern schon am späten Samstagabend. „Da ist es dunkel, das sieht ja keiner“, sagt Zurmöhle. In Kirchrode regiert die Sommerzeit dann eben schon ein paar Stunden früher als andernorts.

In vielen Gemeinden Deutschlands dürfte es ähnlich sein. Wie viele Turmuhren es aber bundesweit gibt und wie viele davon noch per Hand umgestellt werden müssen – dazu gibt es keine genauen Zahlen. Auch in Niedersachsen kann man nur schätzen: Mehr als 1000 Städte und Dörfer gibt es nach Angaben des statistischen Landesamtes. Die Zahl der Turmuhren dürfte höher ausfallen – geht man davon aus, dass jede Gemeinde mindestens eine Kirchuhr hat. Rund zwei Drittel von ihnen müssen noch per Hand umgestellt werden, schätzt der Leiter des Turmuhrenmuseums Bockenem, Jörg-Dieter Besch.

Für die St.-Jacobi-Kirche in Hannover macht das Uhrmachermeister Zurmöhle. Seit 30 Jahren kümmert er sich um die Uhr, schon sein Vater war Uhrmacher. Der kleine 65-Jährige mit der runden Brille und den grauen Haaren hört es auch, wenn die Turmuhr zehn Sekunden zu früh schlägt – in seinem Juweliergeschäft um die Ecke der Kirche ist er von Funkuhren umgeben.

Schlägt die Kirchuhr, checkt er automatisch die Zeit. „Wenn sie zu früh schlägt, geh ich rüber und halte das Pendel für zehn Sekunden an“, erzählt er. Gerade im Winter passiert das ab und an: Weil es kälter ist, zieht sich das Pendel zusammen, wird kürzer und schlägt dadurch schneller – also geht die Zeit manchmal vor.

Mindestens einmal pro Woche ist Zurmöhle in der Kirche und kümmert sich um die Uhr, die sich von der Glocke über die Mechanik bis zu den vier Riesenzifferblättern über drei Stockwerke in dem 17 Meter hohen Kirchturm erstreckt. Zurmöhle muss im Blick haben, dass die Uhr richtig läuft und sie außerdem ab und an ölen. Früher musste er noch die Gewichte, die die Uhr antreiben, selbst hochziehen. Heute machen das Elektromotoren.

Ob er die Kirchenuhr lieber zur Sommer- oder Winterzeit umstellt, kann der Uhrmachermeister nicht sagen. „Das ist egal, das macht man.“ Zur Winterzeit hält er das Pendel für eine Stunde an, zur Sommerzeit stellt er das Gehwerk der Uhr um eine Stunde vor. Glaubt man Museumsleiter Besch, dann dürften künftig immer weniger Menschen diese Arbeit machen.

„Es wird leider immer mehr Funkuhren geben“, sagt er. Das Problem dabei ist ihm zufolge aber, dass Funkuhren nur zehn bis zwölf Jahre halten, Turmuhren dagegen mehr als hundert Jahre. „Sie sind zwar umständlicher, aber robuster.“