RZ-KOMMENTAR: Widersprüche auf der SPD-Agenda

Es reicht noch immer nicht ganz für einen Jubel für Altkanzler Gerhard Schröder. Die SPD hat zwar in weiten Teilen inzwischen ihren Frieden gemacht mit der für sie schmerzhaften Arbeitsmarktreform und Hartz IV.

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In den Wahlkampf ziehen wollen die meisten Genossen damit dann aber doch nicht. Dabei ist die These, dass Deutschlands heutiger wirtschaftlicher Erfolg auch auf den Reformen von damals beruht, nicht einmal beim politischen Gegner umstritten. Doch statt sich damit selbstbewusst vor der Bundeskanzlerin aufzubauen, wollen die meisten in der SPD die Vergangenheit lieber ruhen lassen. Das ist nicht der einzige Widerspruch auf der innerparteilichen Agenda der Sozialdemokraten.

Einen Tag bevor die SPD sich mit Reformer Schröder ein wenig versöhnt, verabschiedet sie ein Regierungsprogramm, das sich bewusst und in weiten Teilen von der Agenda 2010 distanziert. Seit Wochen zeichnen führende Sozialdemokraten ein Bild von Deutschland in den düstersten Farben. Sie sehen eine gespaltene Gesellschaft, in der Arme stetig immer ärmer und Reiche immer reicher werden. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück spricht gar von „Verwerfungen“, so als stünde der soziale Frieden auf der Kippe.

Seine Antwort ist ein Regierungsprogramm links von der Mitte, das Steuer- und Abgabenerhöhungen in Milliardenhöhe vorsieht und deutlich die Handschrift des Parteiflügels trägt, dem er selbst nicht angehört. Er ist deshalb nicht der Mann an der Spitze, der dieses Programm glaubwürdig vertreten kann. Die SPD hatte ihn im September zum Kanzlerkandidaten gemacht, weil er Kanzlerin Angela Merkel beim Groß- und Dauerthema Euro-Krise die Stirn hätte bieten sollen.

Man versprach sich von ihm, dem Schröder-Weggefährten und Agenda-2010-Befürworter, dass er Stimmen im bürgerlich- konservativen Lager holt. Jetzt aber passt nichts mehr zusammen: Der Kandidat nicht zum Programm, das Programm nicht zum Kandidaten. Der verstohlene Umgang mit der Agenda 2010 und Gerhard Schröder passt allenfalls in seiner Widersprüchlichkeit noch ins Gesamtbild. Er zeigt auch: Die Partei ist nach wie vor nicht mit sich im Reinen.

Sie ringt noch immer um ihre 2003 verloren gegangene Glaubwürdigkeit, einziger Anwalt des kleinen Mannes zu sein. Mit ihrem neuen Programm richtet sie sich jetzt klar an einst an die Linkspartei verloren gegangene Wähler. Wahlen aber werden in der Mitte gewonnen, sagte: Gerhard Schröder.