RZ-KOMMENTAR: Verkaufstalent Guttenberg rettet diesmal die Freiheit im Internet

Schöner, als der Twitterer „Titus Gast“ es ausgedrückt hat, kann man es kaum sagen. „Hatte lustigen Traum: Ein Mann, dessen Frau Stoppschilder gegen Kriminelle toll findet, berät EU in Internetfragen“, schrieb der Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter über den neuesten Auftritt des einstmals so populären Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg, der in Brüssel als Berater der Europäischen Union für die Freiheit im Internet angeheuert wurde. Und nicht nur die Netzwelt fragt sich: Wie kommt man bei diesem sensiblen Thema ausgerechnet auf diesen Mann?

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Schöner, als der Twitterer „Titus Gast“ es ausgedrückt hat, kann man es kaum sagen. „Hatte lustigen Traum: Ein Mann, dessen Frau Stoppschilder gegen Kriminelle toll findet, berät EU in Internetfragen“, schrieb der Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter über den neuesten Auftritt des einstmals so populären Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg, der in Brüssel als Berater der Europäischen Union für die Freiheit im Internet angeheuert wurde. Und nicht nur die Netzwelt fragt sich: Wie kommt man bei diesem sensiblen Thema ausgerechnet auf diesen Mann?

Zugegeben. In Sachen Freiheit im Internet hat KT ganz neue Maßstäbe gesetzt. Schöner als mit seiner in weiten Teilen geklauten Doktorarbeit hätte er kaum dokumentieren können, dass sich Freiheit im Netz auch in Abgründen zeigt: etwa als Freiheit, sich anderer Leute geistiges Eigentum einfach einzuverleiben und es als eigene Leistung auszugeben. Das ging zum Glück gründlich schief. Und KT musste erfahren, dass sich mit der betrügerischen Titeljagd kein Staat und damit auch kein Staatsamt machen lässt.

Doch Ironie beiseite: Das ist ja gar nicht das Thema. Guttenberg kämpft im Namen der EU dafür, mit einem schrankenlosen Internet solche Freiheitsbewegungen wie etwa den Arabischen Frühling im Ringen um Demokratie zu unterstützen. Klingt ehrenwert, Herr zu Guttenberg. Aber ist das Plädoyer auch glaubwürdig? Immerhin war der Christsoziale in seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister ein vehementer Verfechter der Internetsperren, mit denen man etwa Kinderpornografie im Netz stoppen wollte. Die Netzwelt protestierte – und überzeugte die Bundesregierung davon, dass das Löschen solcher kriminellen Seiten sinnvoller ist als eine Netzpolitik, die die so wichtige Freiheit im Internet mit viel zu ungenauen Stoppschildern zerstört.

Warum also hat die fürs Internet zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes den tief gestürzten CSU-Politiker überhaupt um seinen Einsatz gebeten? Warum redet plötzlich alle Welt wieder über KT? Ist seine Zeit der Buße bereits vorbei? Kommissarin Kroes sagte es so: Sie suche keine Heiligen, sondern Talente. Wie entlarvend!

Solche „Talente“ wie KT, das wissen wir vom Jahrmarkt, können tatsächlich alles verkaufen. Egal, ob sie daran glauben oder nicht. Doch mir wird angst und bange bei dem Gedanken, wie wenig in der Politik Glaubwürdigkeit und Kompetenz noch zählen.

E-Mail: manfred.ruch@rhein-zeitung.net