RZ-KOMMENTAR: Euer, unser aller Uwe Seeler

Uwe Seeler, Fossil aus grauer Fußball-Vorzeit, wird 75. „Uns Uwe“, wie die HSV-Fans ihr Lebenszeit-Idol liebevoll nennen, „Euch Uwe“, wie die Anhänger des FC St. Pauli betonen, womit sie gleichsam ihrer Abneigung gegenüber dem Klub der Kaufleute Ausdruck verleihen.

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Uwe Seeler, Fossil aus grauer Fußball-Vorzeit, wird 75. „Uns Uwe“, wie die HSV-Fans ihr Lebenszeit-Idol liebevoll nennen, „Euch Uwe“, wie die Anhänger des FC St. Pauli betonen, womit sie gleichsam ihrer Abneigung gegenüber dem Klub der Kaufleute Ausdruck verleihen.

Mit dieser Abgrenzung stehen die Fans des Kiez-Klubs freilich ziemlich allein da. Für den großen Rest verkörpert Seeler all jene Tugenden, die den Nachkriegs-Fußball geprägt haben. Hemdsärmelig, kämpferisch, stets hart für den sich nicht immer einstellenden Erfolg arbeitend, bisweilen tragisch, aber immer ehrlich und geradeaus.

Uwe Seeler, Mittelstürmer gewordener Wirtschaftswunder-Held, hat seine Fans in seiner aktiven Zeit nie enttäuscht. Keine Skandale, keine Angebote aus dem Ausland, die verfingen. Heute unvorstellbar, damals gelebte Bodenständigkeit: Uwe Seeler blieb sich und Hamburg immer treu. Wobei es Zeiten gab, in denen ihm etwas Abstand zweifellos besser getan hätte.

Von der Springer-Presse Mitte der 90er-Jahre förmlich ins Amt des HSV-Präsidenten geschrieben, scheiterte die gute Seele Seeler an den unlauteren Machenschaften seiner Vorstandskollegen. ein paar Kratzer am Lack des Lebens – mehr nicht. Was bleibt, sind unzählige Flugkopfbälle, Fallrückzieher, das Hinterkopftor von Leon 1970, die vom Platz schleichende traurige Gestalt beim WM-Finale 1966. Gerade Szenen wie diese in Wembley sind es, die Uwe Seeler authentisch und damit zu einem „von uns“ gemacht haben.

Klaus.Reimann@rhein-zeitung.net