RZ-KOMMENTAR: Die Zuschussrente bekämpft nur die Symptome der Altersarmut

Millionen Menschen drohen im Alter arm zu sein. Weil sie im Erwerbsleben zu wenig verdient haben, weil sie zu wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben, weil sie nicht mit Geld umgehen können – oder weil sie privat nicht fürs Alter vorsorgen konnten oder wollten. Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommt immerhin das Verdienst zu, das Problem frühzeitig zu erkennen.

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Millionen Menschen drohen im Alter arm zu sein. Weil sie im Erwerbsleben zu wenig verdient haben, weil sie zu wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben, weil sie nicht mit Geld umgehen können – oder weil sie privat nicht fürs Alter vorsorgen konnten oder wollten.

Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommt immerhin das Verdienst zu, das Problem frühzeitig zu erkennen.

Ihr Rezept, die Einführung einer Zuschussrente von monatlich 850 Euro, könnte ein Element zur Bekämpfung der Altersarmut sein, allerdings nicht die bisher vorgesehene Finanzierung. Altersarmut ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dessen Lösung die Rentenversicherung überfordern würde. Umverteilung von oben nach unten ist Aufgabe der Steuerpolitik, nicht der Rentenpolitik. Nicht die Beitragszahler, sondern die Steuerzahler sollten also dafür aufkommen. Die Zuschussrente sollte daher aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Allerdings würde die Zuschussrente nur Symptome bekämpfen, nicht die Ursachen der Altersarmut. Das Problem gehört am Arbeitsmarkt gelöst. Die Netto-Einkünfte der unteren Gehaltsgruppen gilt es zu steigern – durch Branchen-Mindestlöhne, mehr Kitaplätze, bessere Aus- und Weiterbildung und geringere Sozialabgaben. Hier hat etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund ein interessantes Modell vorgelegt: Die Sozialabgaben der Arbeitnehmer in unteren Gehaltsstufen würden demnach gesenkt. Niedrigverdiener hätten netto mehr in der Tasche – und mehr Spielraum, um privat vorzusorgen.

Die SPD sieht die Ursache steigender Altersarmut vor allem in der Absenkung des Rentenniveaus, die sie selbst mitzuverantworten hat. Bis 2030 soll das derzeitige Rentenniveau von 51 auf 43 Prozent des durchschnittlichen Netto-Monatslohns sinken. Es wäre fatal, diese Rentenreform zurückzudrehen, wie es einige SPD-Politiker bereits planen. Ohne die Absenkung des Rentenniveaus würden künftige Renten der heutigen Beitragszahler noch geringer ausfallen als ohnehin schon. Viele Menschen sorgen zudem nicht privat fürs Alter vor. Unter den Geringverdienern haben etwa 1,8 Millionen Menschen die staatliche Förderung zur Altersvorsorge noch nicht genutzt. Mancher macht sich keine Gedanken. Andere wiederum halten nichts von der Riester-Rente, die nach Auskunft von Anlageberatern für viele Sparer ein Flop ist und nur für die Versicherungsbranche eine Goldgrube. Auch die staatliche Förderung der Altersvorsorge gehört dringend umfassend reformiert.

E-Mail: birgit.marschall@rhein-zeitung.net