Rom

Reformen: Papst Franziskus weckt Hoffnungen auf Veränderungen

Er komme doch „nahezu vom anderen Ende der Welt“, scherzte Jorge Mario Bergoglio, als er sich den jubelnden Gläubigen auf dem Petersplatz als Papst Franziskus erstmals zeigte. Ein argentinischer Jesuit besteigt also den Stuhl Petri.

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Schlicht und demütig, so erscheint der neue Oberhirte der Weltkirche mit 1,2 Milliarden Katholiken. Wer ihn kennt, beschreibt ihn als polyglott, klug und humorvoll. Seine für viele überraschende Wahl lässt all jene hoffen, die dem Heiligen Stuhl Reformen und einen neuen Stil wünschen. Vor allem könnte er die Kirche zu einem wahren Global Player des 21. Jahrhunderts machen.

Das Kreuz des Südens trägt der sympathische Argentinier nach Rom und in das von Glaubensferne geprägte Europa. Bergoglio auf dem Papststuhl – das wertet Italien als Niederlage für die verkrustete und von Krisen erfasste Kurie in Rom. Und dabei auch für die Italiener, die mit 28 Kardinälen und mehreren Favoriten ins Konklave gegangen waren und bereits 210 Päpste gestellt haben.

Kirche soll auf Menschen zugehen

Mit Franz von Assisi (1181/1182– 1226) als Vorbild in seinem Papstnamen, den noch kein Pontifex gewählt hat, verspricht er der Kirche in Rom frischen Wind aus dem Teil der Welt, in dem sie wächst und gedeiht. „Eitelkeit und Karrieredenken heißen die Übel der Kirche“, hatte er vor einem Jahr in einem Interview gesagt: „Wir müssen versuchen, eine Kirche zu sein, die auf die Menschen zugeht.“ Das war zu Beginn des Jahres, das dem Vatikan nach dem Missbrauchsskandal die Enthüllungen der Vatileaks-Affäre um Dokumentenklau, Intrigen und Korruption brachte. Und damit den Ruf nach einer gründlichen Reform der Kurie.

Der Papst ist erstmals seit fast 1300 Jahren kein Europäer mehr – das ist ein historisches Zeichen. So wie 1978, als überraschend ein Pole auf den Stuhl Petri gewählt wurde, den die Italiener als für sich reserviert angesehen hatten. Offensichtlich blockierten sich im Konklave in der Sixtinischen Kapelle diesmal die Top-Favoriten des konservativen Lagers und der Fortschrittlichen gegenseitig – und auf den Balkon des Petersdoms konnte dann „Papa Francesco“ treten.

Der Mann aus Buenos Aires war aber kein unbeschriebenes Blatt im Kardinalskollegium, im Gegenteil. Profiliert hat er sich als ein Kämpfer gegen Armut und für eine Reinigung der Kirche von der Sünde.

Beim Konklave 2005, als Joseph Ratzinger zum Papst gekürt wurde, soll Bergoglio bereits starker Gegenspieler des deutschen Kardinals gewesen sein. Rund 40 Purpurträger wollten für den Argentinier stimmen, was eine Wahl Ratzingers vielleicht hätte vereiteln können, rekonstruierten Vatikankenner. Der Südamerikaner habe dann aber die Losung ausgegeben, für Ratzinger zu votieren.

„Ich denke, Benedikt wird schmunzeln und sagen, na ja, der liebe Gott kommt doch zum Ziel“, wenn auch um acht Jahre verspätet, kommentierte der Kölner Kardinal Joachim Meisner die Wahl Bergoglios.

Mitunter brauchen also auch göttliche Entscheidungen etwas Zeit. Während sich der Terminkalender des neuen Papstes füllt, plant der Argentinier bereits auch eine Begegnung mit dem damals erfolgreichen Kontrahenten aus Bayern. Der feinsinnige deutsche Theologe und der bodenständige südamerikanische Anwalt der Armen, das ist schon ein großer Unterschied. Der emeritierte Benedikt XVI., der später mit Franziskus auf dem Vatikangelände leben wird, will zwar für seine Kirche beten, allerdings nicht die Rolle des „Gegenpapstes“ spielen.

Kurie steht vor einem Wandel

Der Kurie in Rom stehen Veränderungen bevor, vielleicht auch wahre Umwälzungen. Wie tiefgreifend sie sein werden, das müssen die ersten Wochen und Monate im Pontifikat des Franziskus zeigen. Allein schon die Entscheidung, wer als Staatssekretär der „Regierungschef“ wird, könnte wegweisend sein. Benedikts rechte Hand Tarcisio Bertone war bei den Krisen der vergangenen Jahre wiederholt ins Schussfeld geraten. Auf die Fähigkeit der Kandidaten, zu führen und sich durchzusetzen, kam es den Kardinälen bei ihren Urnengängen jedenfalls an. „Und das hat ihn wohl auch schon früher ausgezeichnet“, meinte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann.

Von Hans-Jochen Kaffsack