PRO: Die Welt sieht endlich hin

Manfred Ruch hält viel von der Kony-Kampagne

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Die Welt jagt einen Schwerverbrecher. Genauer: Die Welt im Internet jagt diesen Mann, weil die reale Welt es in 30 Jahren nicht geschafft hat, ihn zu fangen und zu bestrafen. Ein spektakuläres Video wirbt in den sozialen Netzwerken dafür, die Suche nach dem ugandischen Rebellenführer Joseph Kony aufzunehmen. Auch wenn niemand weiß, wo er sich versteckt hält und ob er noch lebt: Die Macher des Videos wollen, dass die Welt endlich hinsieht. Sie wollen, dass kein Politiker mehr an Menschen wie Kony vorbeikommt. Verbrecher, die mit ungezählten Morden, Vergewaltigungen und der Rekrutierung Abertausender Kindersoldaten für viele afrikanische Länder zum Trauma wurden.

Darf man das? Darf man ein politisches Problem derart auf eine simple Botschaft reduzieren, wie die Organisation Invisible Children das tut? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Aber diese Frage geht auch an einer schlichten Erkenntnis vorbei: Das Internet ist da. Und für junge Menschen wird es ein neuer Weg sein, sich politisch und sozial zu engagieren und sich zu einer machtvollen Masse zu verbinden. Man hat diese Macht im Arabischen Frühling erlebt. Jetzt erleben sie Menschen wie Kony.

Natürlich muss man eine solche Kampagne mit Vorsicht betrachten – wie übrigens alle Kampagnen. Doch viele Kritiker übersehen, worum es den Initiatoren geht. Natürlich fließt viel Spendengeld in die Kampagne statt direkt zu Konys Opfern. Denn der Auftrag lautet: Kony muss so bekannt werden, dass die Politik endlich für seine Verhaftung sorgt. Natürlich ist mit dem Teilen des Videos bei Facebook und Co. auch das Problem nicht gelöst. Aber es ist ein Ausmaß an Öffentlichkeit entstanden, das der Politik ein Wegsehen in Afrika schwer bis unmöglich macht. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Weltgemeinschaft wirklich darum kümmert.

Hand aufs Herz: Haben Sie den Namen vorher gekannt? Jetzt tun Sie es – wie Millionen andere Menschen auch. So hat die Kampagne ein Ziel erreicht. Und ich freue mich bereits auf die Schlagzeile: Joseph Kony ist verhaftet.

E-Mail an: manfred.ruch@rhein-zeitung.net