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Neuer Chef des DFB: Alle stimmen für Niersbach

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Theo Zwanziger (r) schied aus dem Amt aus, Wolfgang Niersbach wurde zum neuen DFB-Präsidenten gewählt. Foto: Arne Dedert

Der neue starke Mann im deutschen Fußball war aufgeregt wie ein Schüler bei einem Referat – zumindest am Anfang seiner Antrittsrede. Wolfgang Niersbach, der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), machte aus seiner Nervosität kein Hehl.

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Frankfurt – Der neue starke Mann im deutschen Fußball war aufgeregt wie ein Schüler bei einem Referat – zumindest am Anfang seines Vortrags.

Wolfgang Niersbach, der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), machte aus seiner Nervosität kein Hehl. „Es ist auch für mich ein außerordentlicher und außergewöhnlicher Bundestag“, sagte der 61-Jährige zum Auftakt seiner Antrittsrede im geräumigen Frankfurter Flughafenhotel Steigenberger.

Es war wohltuendes Understatement, das Niersbach im großen Tagungssaal des Nobelhotels an den Tag legte. Aber es fiel auch nur unter die Kategorie solide Pflichterfüllung, was der neue DFB-Präsident den 260 Delegierten präsentierte. Niersbach handelte die üblich verdächtigen Themen des Fußballs ab und demonstrierte so, dass er in erster Linie für die Fortführung der Verbandsarbeit unter Vorgänger Theo Zwanziger steht – eben nur mit seiner eigenen Handschrift.

Niersbach setzt auf Teamarbeit und ist „bereit, die Spielführerbinde anzunehmen“. Als einen Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit bezeichnete er, „die Einheit des Fußballs“ zu bewahren, das Zusammenspiel zwischen Spitze und Breite, zwischen Profis und Amateuren. „Solidarität ist für die Bundesliga kein Fremdwort“, versicherte Niersbach und verwies unter anderem auf die Beteiligung der Landesverbände an den Einnahmen aus dem Ticketverkauf der Liga. Neben dem Aushängeschild Bundesliga und dem „leuchtenden Fixstern“ Nationalmannschaft spielt für ihn die Basis eine bedeutende Rolle. Als Beweis für seine Nähe zum Breitensport darf der Besuch beim Amateurfußball-Kongress in Kassel gelten, wo Niersbach sich drei Tage lang die Nöte der Vereine anhörte. „1,6 Millionen Spiele pro Saison, im Schnitt 4400 pro Tag, das ist eine gigantische Leistung“, lobte Niersbach. „Da wird hochprofessionell gearbeitet, auf ehrenamtlicher Basis.“ Doch damit nicht genug: Niersbach geht es auch um die vielen Freizeitkicker, die nicht in einem Klub aktiv sind. „18 Millionen spielen Fußball, davon sind 6,7 Millionen im einem Verein. Das Kapital ist da, wir müssen es nutzen.“

Wie, das sagte der neue DFB-Chef (noch) nicht, überhaupt riss er die wichtigsten Themen nur kurz an: die gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs, was sich sein Vorgänger Theo Zwanziger so sehr auf die Fahnen geschrieben hatte, die Weiterentwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs, die Talent- und Eliteförderung. Hier verwies Niersbach auf die 366 Stützpunkte mit 1000 Trainern. Der neue Mann will ferner die Planungen für ein zentrales Leistungszentrum vorantreiben.

Mehr Respekt forderte Niersbach vor der Arbeit der 80 000 Schiedsrichter, die an den Wochenenden aktiv sind. Deutlich wurde er, als es um das Thema Gewalt und Rassismus ging. „Hier kann die Rote Karte nicht schnell genug gezogen werden“, sagte der Rheinländer und erntete viel Beifall. „Es kann nicht sein, dass eine Minderheit die Mehrheit terrorisiert.“

Handgestoppte 39 Minuten dauerte Niersbachs Grundsatzrede, infolge derer er sämtliche Stimmen der Delegierten bekam. Knappe 17 Minuten brauchte sein Vorgänger, um Bilanz zu ziehen. „Eine fantastische Zeit“, resümierte Theo Zwanziger. „Ich bin ein zufriedener und glücklicher Mensch.“ Eine Ansage für seinen Nachfolger hatte der 66-jährige Altendiezer auch noch parat: „Der Fußball darf nicht wegschauen“, forderte er und unterstrich nochmals die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben seines Sports. Nach seinen letzten Worten als DFB-Chef bekam Zwanziger vom Publikum viel Applaus und von Innenminister Hans-Peter Friedrich das Bundesverdienstkreuz. Dann übernahm Wolfgang Niersbach – seine Aufregung hatte sich gelegt. Jochen Dick