Laufen Sie nicht!

Laufen Sie nicht!

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Mainz – Laufen Sie keinen Marathon! Und auch keinen Halb-, Zweidrittel- und was es sonst noch an Varianten gibt.

Laufen Sie nicht und vernichten Sie am besten Ihre Anmeldeunterlagen einschließlich Ihrer Startnummer, ebenso alle Prospekte, Schwämme und sonstigen sinnlosen Utensilien. Für den gelben Chip empfehle ich einen 5 Kilo Hammer. Aber entfernen Sie das Ding vorher vom Fuß!

Warum? Zunächst mal: Gesundheit. Marathon ist die einzige Sportart, an der schon ihr Begründer gestorben ist. Auch Boxen und Golfen haben beachtliche Verlustlisten, aber das gibt’s nur im Marathon. Und die sind noch stolz drauf. Wer nicht sofort stirbt, muss zum Orthopäden. Haben Sie mal überlegt, warum die Befunde von Knieuntersuchungen auf Endlos-Papier ausgedruckt werden? Oder nehmen Sie die Fußnägel. „Was sind Fußnägel?“, höre ich da die Marathon-Veteranen irritiert fragen. Ich will gar nicht wissen, wie viele Ehen am Anblick von Läufer-Füßen kaputt gegangen sind, am schlimmsten ist er abends nach einem Wettkampf. Wenn eine Partnerschaft das übersteht, muss es sich um Liebe handeln. Oder um eine ganz schlimme Form von Sehbehinderung.

Damit bin ich bei den sozialen Kollateralschäden. Generation nach Generation haben sich unserer Vorfahren abgemüht und haben sich das Grunzen der Urhorde ab- und zivilisierte Umgangsformen antrainiert. Und was machen wir? Hängen uns bunte Lendenschurze um (atmungsaktiv! schweißabsorbierend!), laufen los und haben sofort alles vergessen, was mit Umgangsformen zu tun hat. „Läufste n Ganzen?“ „Diesjahr nur halb, Achilles.“ Diesen Rückfall ins Neandertal, dieses Duzen gibt’s sonst nur noch bei Ikea („Schraubst du noch oder lebst du schon?“).

Viele Marathon-Läufer sind süchtig. Marathon ruiniert ihre Gesundheit, ihre Ehe und sie können trotzdem nicht davon lassen. Man probiert alles Mögliche, um sie zu heilen, Medikamente („Sind da auch Elektrolyte drin?“), Elektroschocks („Wow, das war wie bei Kilometer 35 beim Dubai-Marathon.“) und Selbsthilfegruppen („Ich heiße Herbert und lauf‘ nen Vierer-Schnitt.“). All das kann helfen, aber nur, wenn der Patient auch wirklich will. Nicht nur der Marathon, auch der Ausstieg wird im Kopf entschieden.

Also: Laufen Sie nicht! Und wenn Sie sich erst unterwegs besinnen, bleiben Sie sofort stehen, drehen Sie sich um und dann folgen Sie gaaaanz langsam der blauen Linie zurück zum Start! Und sagen Sie sich immer wieder laut vor: ICH! SCHAFF! DAS!

Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt in Mainz.