Kommentar: Volltreffer auf die Psyche

Der Anschlag trifft die deutschen Soldaten in Afghanistan tief ins Mark. Nicht nur, dass es den Taliban fast gelungen ist, den höchsten General zu töten, nicht nur, dass erneut zwei Bundeswehrangehörige ihr Leben verloren, sorgt für den großen Schock.

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Der Anschlag trifft die deutschen Soldaten in Afghanistan tief ins Mark. Nicht nur, dass es den Taliban fast gelungen ist, den höchsten General zu töten, nicht nur, dass erneut zwei Bundeswehrangehörige ihr Leben verloren, sorgt für den großen Schock. Vor allem die Desillusionierung über die Erfolgsaussichten am Hindukusch lässt viele seit dem Anschlag auf General Kneip resignieren.

Lange dachte man, dass nun endlich die richtige Strategie im Kampf gegen die Taliban gefunden sei. Seit Oktober hatten die Deutschen im Raum Kundus zusammen mit den starken US-Streitkräften Region um Region zurückerobert und mit afghanischen Partnern gesichert. Im Dutzend waren Aufständische zu den Isaf-Truppen übergelaufen, das Taliban-Aussteigerprogramm schien zum Erfolg zu werden. Und die, die weiterhin kämpften, Bomben legten und den Hass predigten, wurden bei nächtlichen US-Kommandoaktionen nach und nach aus dem Verkehr gezogen. Die Zauberformel schien gefunden.

Zugleich war das Glück auf deutscher Seite. Bei einem Anschlag am 3. Mai wurden drei Fahrzeuge durch Sprengfallen schwer beschädigt, doch alle Soldaten überlebten. „Die Angreifer saßen in den Gräben, trauten sich aber nicht raus, weil sie zu schwach waren“, berichtete ein Offizier danach. Es schien alles richtig zu laufen.

Doch die Tage seit Mittwoch haben bewiesen: Es war eine Illusion. Und die Enttäuschung wiegt jetzt umso schwerer, da vorher leise Hoffnung aufkeimte.

Waren die Deutschen zu leichtsinnig? Ganz sicher nicht. Patrouillen fahren nur schwer gesichert aus den Lagern. Alles wird genau geplant. Waren die Deutschen zu optimistisch? Das ganz sicher. Es gab logische Gründe für die vermeintliche Besserung der Lage. Doch Afghanistan ist kein logisches Land. Am Mittwochmorgen war das Glück aufgebraucht.

Zugleich befinden sich die Soldaten auch in einer Zwickmühle. Sie dürfen vielen afghanischen Partnern nach rationalen Kriterien gar nicht vertrauen – und sie müssen es am Ende doch, damit der Partneransatz in Afghanistan Früchte tragen kann.

Dieser Zwiespalt hat nun erneut zwei deutsche Soldaten das Leben gekostet. General Kneip entkam nur mit Glück. Für die Taliban ist es aber auch so ein großer Sieg. Weil es ihnen wieder einmal gelungen ist, den Keil zwischen die Isaf-Soldaten und ihre vermeintlichen Partner auf afghanischer Seite zu treiben.

Wie nach der Ermordung dreier Deutscher durch einen afghanischen Soldaten vor wenigen Monaten in Baghlan werden auch jetzt wieder afghanische Uniformen großes Misstrauen auslösen. Da helfen dann auch keine Erklärungen aus Politik und Bundeswehrführung. Vertrauen kann nicht befohlen werden.