Kommentar: Ministerpräsidentin auf Augenhöhe mit den Bürgern

Um es vorwegzunehmen: Malu Dreyer hat eine solide, eine kluge Rede gehalten, die allerdings ohne Glanzpunkte und überraschende Wendungen auskommen musste. Dort, wo es wirklich hätte spannend werden können, konnte sie nicht viel sagen oder wollte es nicht: bei den umstrittenen Verkehrsprojekten wie dem Lückenschluss der A 1 oder der Mittelrheinbrücke.

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An all diesen Stellen ist sie an den rotgrünen Koalitionsvertrag gebunden oder muss mit dem kleinen Partner in der Regierung in Verhandlungen treten.

Auch ein klares Bekenntnis zum Nachtflug am Flughafen Hahn wäre respektabel gewesen. Oder ein Stück Distanz zur Politik des früheren Ministerpräsidenten Kurt Beck am Nürburgring. All das blieb aus. Malu Dreyer machte hingegen Dialogangebote in alle Richtungen, kündigte Gremien und Plattformen an, war sichtlich bemüht, keine Interessengruppe zu verärgern – schon gar nicht die Grünen, die die SPD angesichts sinkender Umfragewerte mehr denn je braucht. Dort, wo ihre Rede Schärfe erhielt, betraf sie altbekannte Forderungen – wie den Ruf nach der Vermögenssteuer oder den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.

Von daher fehlte der ersten Regierungserklärung der neuen Ministerpräsidentin das zündende Moment. Malu Dreyer bewegt sich vorsichtig im neuen Amt. Das ist zwar unspektakulär, aber trotzdem schlau. Gerade 14 Tage in der Staatskanzlei wird sie noch keine Machtproben wagen, keine gewichtige Lobby reizen. Die neue erste Frau im Lande muss erst einmal Fuß fassen, auch wenn sie bereits erstaunlich routiniert wirkt. Interessant ist, welcher Stil mit Malu Dreyer in die Staatskanzlei einzieht. Ihre Sprache ist für eine Politikerin erstaunlich griffig. Sie und ihre engsten Mitstreiter(innen) geben sich unprätentiös, nahbar, frei von Allüren. Das ist sympathisch, besonders bei Menschen, die es so weit nach oben gebracht haben.

Dieser Geist durchströmte auch die Regierungserklärung. Malu Dreyer will ein soziales Rheinland-Pfalz, in dem jeder seine Chance erhält. Und sie möchte das größte Zukunftsprojekt, den demografischen Wandel, gemeinsam mit den Bürgern gestalten. Dialog könnte das Markenzeichen dieser Ministerpräsidentin werden – und zwar einer, der möglichst auf Augenhöhe stattfindet. Dreyer will Rheinland- Pfalz zu einer Bürgerbewegung machen. Das ist ambitioniert und der Kern einer Rede, die ansonsten im Konventionellen verharrte.

Von Dietmar Brück