Kommentar: Der Westen hat in Afghanistan versagt

Dietmar Brück kommentiert.
Dietmar Brück kommentiert. Foto: Jens Weber

Keine Frage: Kaum jemand möchte den Einsatz westlicher Truppen in Afghanistan über 2014 hinweg fortsetzen. Warum auch? Dem Land am Hindukusch hat die internationale Isaf-Mission keinen Frieden gebracht. Nicht einmal Sicherheit. Die extremistischen Taliban-Milizen werden stärker und stärker. Der Widerstand gegen die korrupte Regierung in Kabul wächst.

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Dietmar Brück zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan

Der Versuch des Westens, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern, dürfte einer Sandburg gleichen, die beim kleinsten Windhauch zusammenstürzt. Das Land am Hindukusch ist von einer Demokratie so weit entfernt wie Nordkorea vom Rechtsstaat. Und was die Gefahr des Terrorismus angeht: Al-Kaida und andere islamistische Fanatiker sind zwar nicht mehr so stark in Afghanistan präsent, dennoch ist die Welt nicht sicherer geworden.

Die extremistische Internationale zieht einfach von Krisenherd zu Krisenherd weiter: Irak, Afghanistan, Pakistan, Jemen, Syrien ... Wer weiß, welches Land als Nächstes kommt? Wenn die westlichen Truppen tatsächlich Ende 2014 weitgehend abziehen, wird Afghanistan seinem Schicksal überlassen. Was bedeutet: All die Milliarden Euro an Aufbauhilfe, all die vielen Todesopfer waren nahezu umsonst. Der Westen hat in Afghanistan so gut wie nichts erreicht.

Die Gefahr ist groß, dass das Land erneut im Chaos versinkt. Die Regierung ist schwach. Bewaffnete Milizen gibt es so viele wie Mohnfelder zum Drogenanbau. Die Saat des Hasses trägt noch immer Früchte. Auf der Strecke bleiben wohl die Teile der Zivilgesellschaft, die auf den Westen gesetzt haben: Die Mädchen, die endlich zur Schule gehen können, die Frauen, die mehr Rechte haben, die Afghanen, die auf dem steinigen Weg zu mehr Mitsprache unterwegs sind.

Was von den westlichen Impulsen übrig ist, könnte die Welt im Irak betrachten, wenn sie nur hinschauen würde. In dem Zweistromland tobt eine Orgie der Gewalt. Die Toten machen nur kaum noch Schlagzeilen. Der entscheidende Fehler der Afghanistanmission stand ganz am Anfang. Der Westen hat viel zu wenige Truppen geschickt, um all die Kriegsherren und Drogenbarone zu entmachten. Man hat sie gewähren lassen, wenn sie nur still ihren verbrecherischen Geschäften nachgingen.

Diese Lebenslüge einer Friedensmission rächt sich bis heute. In Afghanistan haben wir Brunnen gegraben und Schulen gebaut und die Verhältnisse doch nicht grundlegend geändert. Die alten Mächte konnten warten. Bald sind sie am Zug.