Kommentar: Auch die Bürger fühlen sich an den Rand gedrängt

Es kommentiert Ursula Samary.
Es kommentiert Ursula Samary. Foto: Jens Weber

Rot-Grün hat mit seinem Koalitionsvertrag auf Seite 84 keine elitäre Juristen-Clique, wie es im SPD-Jargon so oft mit Blick auf die Koblenzer Justiz heißt, auf die Straße getrieben. Im Gegenteil.

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Rot-Grün hat mit seinem Koalitionsvertrag auf Seite 84 keine elitäre Juristen-Clique, wie es im SPD-Jargon so oft mit Blick auf die Koblenzer Justiz heißt, auf die Straße getrieben. Im Gegenteil. Rot-Grün hat es geschafft, dass eine überparteiliche Bürgerbewegung, eine ganze Stadt und eine Region aufsteht. Auch Straf-, Zivil- und Verwaltungsjuristen solidarisieren sich wie nie zuvor. Rot-Grün soll sich nicht wundern: Auch Taxifahrer und Kioskbesitzer stehen schon an der Seite der Justiz. Für Wut-Bürger aus allen gesellschaftlichen Schichten, aus Handel, Handwerk, Orchester oder Finanzwirtschaft ist ihr „Koblenz 21“ das Oberlandesgericht. Denn für sie ist das Projekt, das doppelt so große Oberlandesgericht mit dem kleinen OLG in Zweibrücken zusammenzulegen, ein wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Wahnsinn.

Wenn ein teurer Justiz-Tourismus von Menschen und Akten quer durchs Land diktiert wird, dann steht auch das Recht des Bürgers auf dem Spiel. In einer Demokratie darf es kein Luxus sein, auf kurzen und bezahlbaren Wegen zu seinem Recht zu kommen: Als Mutter, die ums Sorgerecht kämpft, als Handwerker, der nicht auf seinen Werklohn verzichten kann. Mit der Justiz fühlen sich auch die Menschen an den Rand gedrängt, nicht nur wegen der explodierenden Prozesskosten bei weiten Anreisen.

Rot-Grün schürt auch deshalb den Zorn der Wut-Bürger, weil beide Parteien im Wahlkampf wie auf anderen Seiten des Koalitionsvertrags doch Transparenz, Beteiligung und Bürgernähe beschwören. Wenn es aber ums OLG Koblenz (und den quälenden Streit um die Präsidentenstelle geht), wird über alle Köpfe hinweg entschieden.

Das Signal von Koblenz ist deutlich: Wenn Rot-Grün das OLG-Gesetz durchpeitscht, steht das Volk auf. Mit Zweigstellen lässt sich Koblenz auch nicht abspeisen. Rot-Grün ist nur zur Flucht nach vorn zu raten, um mit Experten eine Reform zu prüfen. Wenn Sparen das Ziel ist und sein muss, hilft politisches Tricksen ja auch am allerwenigsten.

Y E-Mail an ursula.samary

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