Koblenz

Koblenzerin hielt Ziegenbock und Enten im Haus

Koblenzerin hielt Ziegenbock und Enten im Haus
Mitarbeiter des Ordnungsamtes fotografieren im Tierheim in Koblenz einen beschlagnahmten Papillonhund. Foto: Thomas Frey

Die kleine Katze braucht einen Tierarzt. Ihr Herz ist krank. Doch die Halterin ist überfordert mit all den Tieren in ihrem Haus: Einen Ziegenbock, fünf Enten, zwei Hunde und zwei Katzen stellten Behörden am Dienstag bei der Frau aus Koblenz sicher. Seit Jahren ist es ihr verboten, Tiere zu halten und zu betreuen. Immer wieder mussten Hunde oder Katzen aus ihrem Anwesen geholt werden.

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Koblenz – Die kleine Katze braucht einen Tierarzt. Ihr Herz ist krank. Doch die Halterin ist überfordert mit all den Tieren in ihrem Haus: Einen Ziegenbock, fünf Enten, zwei Hunde und zwei Katzen stellten Behörden am Dienstag bei der Frau aus Koblenz sicher. Seit Jahren ist es ihr verboten, Tiere zu halten und zu betreuen. Immer wieder mussten Hunde oder Katzen aus ihrem Anwesen geholt werden. Die Frau gilt als Tiersammlerin.

Das Menschen sich zu viele Tiere anschaffen und dann überfordert sind – kein Einzelfall in Rheinland-Pfalz. „Diese Probleme kommen inzwischen häufiger vor“, sagt der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Tierschutzbundes, Andreas Lindig, in Trier. „Das fängt oft mit einer guten Absicht an. Die Menschen sind einsam, suchen einfach eine Aufgabe.“ Irgendwann gerate die Sache außer Kontrolle, die Halter seien hoffnungslos überfordert.

Koblenzerin hielt Ziegenbock und Enten im Haus
Kirstin Höfer vom Tierschutzverein Koblenz mit dem Ziegenbock. Zusätzlich haben die Behörden fünf Enten, zwei Hunde und zwei Katzen aus einer tierquälerischen Haltung in einem Haus in Koblenz sichergestellt.
Foto: Peter Karges

Es ist laut Lindig oft Teil des psychischen Problems, dass diese sogenannten Tier-Messies (englisch mess = Unordnung) angebotene Hilfe nicht annehmen. Die Leiterin des Tierheims Koblenz, Kirstin Höfer, weist darauf hin, dass Menschen, die „Animal Hoarding“ (Tier-Horten) betreiben, nicht unbedingt perverse Tierquäler sind. „Es sind oft einsame Menschen, die sammeln Tiere, weil sie dann das Gefühl haben, gebraucht zu werden.“ Die Folgen für die Tiere sind verheerend, viele sind krank oder verhaltensgestört, manche verenden, bevor ihnen der Tierschutz zu Hilfe kommen kann.

So bot sich den Behörden bereits 2007 bei der Frau aus Koblenz ein tragisches Bild: 54 Hunde und etwa 40 zum Teil todkranke Katzen mussten sie befreien. Die Hunde waren damals laut Ordnungsamt in sieben oder acht Zimmern des Hauses untergebracht, die nach Kot und Urin stanken. Die Katzen lebten in Käfigen im Keller, litten an Parasiten und waren längst stark verhaltensgestört. Die Tierhalterin wurde damals mit einem Züchtungsverbot belegt, durfte aber privat vier oder fünf Hunde behalten.

Im vergangenen Jahr mussten dort wieder Tiere beschlagnahmt werden, nun eskalierte die Lage erneut. Allerdings kamen die Behörden diesmal rechtzeitig. Mit Ausnahme der Katze waren die Tiere dem ersten Anschein nach „in einem einigermaßen akzeptablen Zustand“, sagt Simone Schmitz, Amtstierärztin der Kreisverwaltung Koblenz. Der kleine Zoo wurden ins Tierheim gebracht und dort untersucht. Für die bis zum Schluss geheim gehaltene Aktion von Ordnungsamt, Kreisveterinäramt und dem Tierschutzverein Koblenz hatte das Tierheim eigens Platz geschaffen. Um neue Fälle zu verhindern hilft nach den Worten Lindigs vom Tierschutzbund eine bessere Prävention.

„Die Behörden sollten noch sensibler werden und früher eingreifen“, fordert er. Schließlich hänge jeder Fall mit furchtbarem Tierleid zusammen – oft sterben Tiere qualvoll. „Das ist kein harmloser Spleen, sondern eine Krankheit.“ Nach einer amerikanischen Studie, die das Phänomen erstmals beschrieben hat, sind 76 Prozent der „Animal Hoarder“ Frauen.

Die meisten leben allein, sozial isoliert und sind über 50 Jahre alt. Die bislang in Rheinland-Pfalz bekanntgewordenen Fälle von Tierhortung scheinen diese Studienergebnisse zu bestätigen: Beispielsweise 2005 wurde in Katzenelnbogen (Rhein-Lahn-Kreis) ein sogenannter „Gnadenhof“ geschlossen – betrieben von einer 59-jährigen Frau und ihrer 37-jährigen Tochter. Auf 17 Hektar fanden die Behörden 330 Schweine, 192 Pferde, zwei Lamas und viele Ziegen, Schafe und Hühner. Die meisten Tiere waren krank und verwahrlost. Beide Frauen hatten zuvor bereits im Kreis Darmstadt-Dieburg in Hessen Ärger mit den Behörden bekommen, wo sie einen ähnlichen Hof unter gleichen Umständen betrieben hatten.

Von Andrea Djifroudi und Andrea Löbbecke